Süddeutsche Zeitung

Spielfilmtipps zum Wochenende:Folgenschwere Begegnungen

Lesezeit: 2 min

"Agnes und seine Brüder", "Notting Hill", "Der Marathon-Mann" und "Wir": die Fernsehtipps zum Wochenende.

Von Florian Kaindl

Agnes und seine Brüder

Tragikomödie, One, Samstag, 22.05 Uhr

Der deutsche Film ist leider oft genug so schlecht wie sein Ruf. Eine Ausnahme bildet dieses Meisterwerk von Oskar Roehler aus dem Jahr 2004. Brillant geschrieben und inszeniert, keine Spur von deutscher Piefigkeit - und das, obwohl die Figuren Namen tragen wie Werner (Herbert Knaup), Hans-Jörg (Moritz Bleibtreu) und natürlich Agnes (Martin Weiß), die vorher Martin hieß. Roehler erzählt Episoden aus dem Leben dieser drei Geschwister, begleitet sie in ihrem Leiden. Jeder kämpft mit Problemen und Neurosen: Beim Ersten kriselt es in der Ehe, des Zweiten Sexualität ist gestört, und Agnes lebt in einer ungesunden Beziehung. Ihr Verhältnis zum Vater hat darüber hinaus das Zeug zum handfesten Trauma. Obwohl es schwere Themen sind, verbinden sie sich mit Leichtigkeit zu einem stimmigen Ganzen.

Notting Hill

Liebeskomödie, RTL 2, Sonntag, 20.15 Uhr

Gäbe es ein Patent auf Selbstironie, Hugh Grant hätte eines. Von Anfang an hat er sie zu seinem Markenzeichen als Schauspieler gemacht. Wenn er zum Beispiel in Tatsächlich ... Liebe (2003) als Premierminister selbstvergessen durch Downing Street tanzt - und plötzlich eine pflichtbewusste Mitarbeiterin dasteht. Oder wenn er, ein paar Jahre zuvor, in Roger Michells Romanze nachts mit seiner Angebeteten in einen Park klettern will, vom Zaun abrutscht und dabei "Hoppsala!" ruft. Da schmilzt auch Begleitung Anna Scott (Julia Roberts) dahin. Dabei ist sie der Hollywoodstar und er nur ein Buchhändler. Im Verlauf dieser schier unmöglichen Liebe könnte man gerade ihr Verhalten in manchen Szenen aus heutiger Sicht als toxisch bezeichnen. Aber mit seinem schusseligen Charme kriegt Grant alle rum. Vor allem wenn im Hintergrund Ronan Keating das passende Lied dazu singt.

Der Marathon-Mann

Thriller, 3sat, Sonntag, 23.15 Uhr

Zum Erfolg von Die Reifeprüfung (1967) trug die Tatsache bei, dass Hauptdarsteller Dustin Hoffman mit 30 immer noch so aussah wie frisch vom College abgegangen. Im Thriller von John Schlesinger neun Jahre später passt das unverändert unschuldige Gesicht zum Image seiner Figur: Hoffman spielt den Studenten Babe Levy, der an seiner Doktorarbeit schreibt und nebenbei für einen Marathon trainiert. Nichts Böses ahnend dreht er seine Runden am Hudson River und gerät durch familiäre Verstrickungen ins Visier eines ehemaligen KZ-Arztes. Dieser Szell ist furchterregend und wie gemacht für den großen Shakespeare-Darsteller Laurence Olivier: distinguiert, menschenverachtend und unfassbar brutal. Schlesinger nutzt die Stadt New York als Ort der permanenten Unruhe, an dem niemand zu trauen ist. Mit Showdown im Diamantenviertel.

Wir

Horror, RTL 2, Sonntag, 22.50 Uhr

Mit dem Suspense-Hit Get Out hat Jordan Peele 2017 eindrucksvoll die Bühne betreten. Das Horrorgenre war danach nicht mehr dasselbe, nicht nur weil der Regisseur so explizit wie nie zuvor Rassismus gegen Schwarze mit dem Inhalt des Films verknüpft hatte. Dieses Debüt ließ einen so schnell nicht los, und zwei Jahre später hat Peele nachgelegt. Wieder steht eine schwarze Hauptfigur (Lupita Nyong'o) im Fokus, die mit ihrer Familie ein glückliches Leben führt - bis identisch aussehende Doppelgänger auftauchen. Peele spielt in seiner Gruselgeschichte mit den Verhältnissen von oben und unten, wie das auch Parasite (2019) macht. Die zentrale Frage dabei ist: Wem steht was zu, und wie weit darf man gehen, um seine Ziele zu erreichen? Bis an die Schmerzgrenze geht Robert Downey Jr. in Guy Ritchies Sherlock Holmes (Sat 1, Sonntag, 23 Uhr).

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