Süddeutsche Zeitung

Fernsehen:Ganz schön schräg

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Bisher durften eigentlich nur Kommissare merkwürdig sein und nerven. Jetzt zeigt das ZDF endlich mal einen Krimi mit spleeniger Kommissarin. Wenn nur ihr Fall nicht wäre.

Von Benedikt Frank

Es ist grad ungünstig, sagt Kommissarin Maxxie Schweiger am Telefon: "Es sei denn, Sie haben 'nen hübschen, fiesen Mord für mich." Klar hat der Anrufer einen, der Film heißt schließlich Mord geht immer, das Opfer steht gleich im Untertitel: "Der Koch ist tot".

Also schnell mit dem Oldtimer zu Queens "Don't Stop Me Now" übers Land zum Restaurant fahren und dort Fragen stellen. Die Leiche des Sauciers liegt im Müllcontainer, ein Chefmesser steckt zwischen seinen Beinen. Fritzi Haberlandt, zuletzt in Deutschland 86 und Babylon Berlin zu sehen, spielt bereits zum zweiten Mal Kommissarin Schweiger. Wieder führt Markus Sehr Regie und wieder folgt der Film einem Drehbuch von Stefan Rogall.

2016 hieß der Fall "Der Chef ist tot". Falls in zwei Jahren der Apotheker tot ist, hat das ZDF eine neue Krimireihe. So geradeaus wie die Titel ist auch die Figur Maxxie Schweiger, geradezu indiskret. Angesichts ihres Ermittlungsbereichs ist sie stets deutlich zu gut gelaunt. Wo andere TV-Kommissare aus taktischen Gründen Verdächtige belügen, lockt sie mit gnadenloser Ehrlichkeit Geständnisse hervor. Die notiert sie mit einem Stift mit rosa Blinke-LED und schlürft Smoothies. Die lässige Frisur, die übergroßen, bunten Strickpullover, ihr nicht zu stoppender Redefluss - alles an Maxxie Schweiger schreit: Achtung, unkonventionell! Hochgradig spleenig bis nervig sein dürfen Polizistinnen im deutschen TV noch relativ selten. Bei ihren männlichen Kollegen ist das hingegen längst Standard. Von Sherlock Holmes bis Professor Boerne aus dem Tatort Münster hatten und haben viele fiktive Kriminologen gehörig einen an der Waffel, was bei ihnen in der Regel als Charakterzug hingenommen wird, durch Genialität bedingt. Schweiger ist nicht weniger exzentrisch, aber mehr Chaotin als Genie. Anders als bei Major Bibi Fellner aus dem Wiener Tatort muss noch nicht einmal ein Alkohol- oder sonstiges Problem ihre Auffälligkeit erklären. Sie ist einfach so. Wie eine übermotivierte Kindergärtnerin behandelt sie Zeugen und Kollegen angenehm unangemessen, ohne jegliche Impulskontrolle rollt sie den Fall auf, wobei sie mitunter mehr Verwirrung stiftet, als aufzuklären. Wenn da nur der Fall nicht wäre.

Natürlich steht Maxxie Schweiger im Mittelpunkt, natürlich ist der Film eine Kriminalposse, kein harter Sozialkrimi. Doch "Der Koch ist tot" wirkt, als gäbe es beim ZDF einen Klischeebeauftragten, der mit bürokratischem Eifer darüber wacht, dass eine fürs Fernsehen eher ungewöhnliche Hauptfigur mit langweiligen Einfällen auf der Erzählebene ausgeglichen wird.

Ermittelt wird in Richtung Beziehungsgeschichte, es gibt Krach unter Geschäftspartnern, einen arroganten Chefkoch, einen korrupten Restaurantkritiker, eine osteuropäische Küchenhilfe Olga. Tatsächlich kommt der Krimi mit kaum mehr als zwei Drehorten aus, dem Polizeibüro und dem Restaurant, und neben Kommissarin Schweiger gibt es also nichts, woran sich ein Zuschauer, der wach bleiben möchte, klammern könnte. Zur Enttarnung versammelt Schweiger alle zum Essen. Soll wohl ironisch gemeint sein.

Der Koch ist tot - Mord geht immer . ZDF, 20.15 Uhr.

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SZ vom 23.01.2019
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