Süddeutsche Zeitung

Fall Böhmermann:Durchschauen

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Nach dem beleidigenden Schmähgedicht gegen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im "Neo Magazin Royale" ermittelt die Staatsanwaltschaft Mainz nun auch gegen Verantwortliche beim ZDF.

Von Katharina Riehl

Auf seiner Facebook-Seite ist Jan Böhmermann natürlich längst auf der Meta-Ebene der ganzen Geschichte angekommen. In einem vierminütigen Trailer seiner neuen Sendung, die am späten Donnerstagabend bei ZDF Neo zu sehen ist und die sich, Zitat Böhmermann, "schön durchschauen" lässt, macht er noch einmal sehr deutlich: Die Empörung der vergangenen Tage und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mainz wegen Böhmermanns Schmähgedichts gegen den türkischen Präsidenten lassen seinen Medien-Coup besser aufgehen, als er sich das vermutlich erträumt haben könnte. "Rechtsprechung ist wahnsinnig wichtig in Deutschland", erklärt Böhmermann in dem Video zum Beispiel, das würde von vielen unterschätzt.

Während also Böhmermanns Sendung mit dem Gedicht schon wieder eine Woche her ist, dreht sich die Aufregungsspirale darum munter weiter. Am Donnerstag bestätigte die Staatsanwaltschaft Mainz, nicht nur gegen den Moderator selbst zu ermitteln, sondern auch Anzeigen gegen Verantwortliche des ZDF zu prüfen. Um welche Personen es sich dabei handelt, wurde nicht mitgeteilt und war auch beim ZDF auf Anfrage nicht zu erfahren. Vom Sender hieß es am Donnerstag lediglich, man werde den erbetenen Mitschnitt der Sendung der Staatsanwaltschaft übermitteln. Und: "Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir zu diesem Zeitpunkt eines beginnenden Ermittlungsverfahrens dazu nicht weiter Stellung nehmen können."

Ob es tatsächlich zu einem Verfahren kommt, ist offen. Bisher liege kein sogenanntes Strafverlangen aus der Türkei vor, teilte die Leitende Staatsanwältin am Donnerstag der dpa mit - ohne ein solches kann die Tat aber nicht verfolgt werden.

An diesem Freitag wird Jan Böhmermann nun erst einmal mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Dabei bleibt es, heißt es aus Marl.

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Quelle:
SZ vom 08.04.2016
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