Süddeutsche Zeitung

DuMont verkauft an Bauer:Groß in Mitteldeutschland

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Eigentlich ist die Bauer Media Group für Leichtes bekannt, jetzt kauft der Verlag die "Mitteldeutsche Zeitung" in Halle. Zusammen mit der "Volksstimme" in Magdeburg entsteht so ein Mini-Imperium.

Von Caspar Busse

Die Liste ist ziemlich lang. Rund 600 Zeitschriften in aller Welt bringt der Bauer-Verlag aus Hamburg heraus, gedruckt oder digital: Cosmopolitan, Intouch, Das neue Blatt, Freizeitwoche, Bravo sind nur einige. Dabei steht das Hamburger Medienunternehmen, das offiziell Bauer Media Group heißt, und dessen Umsatz zuletzt mit 11 000 Mitarbeitern rund 2,4 Milliarden Euro erreichte, vor allem für Unterhaltung, oft für eher seichte Inhalte, für Klatsch und Tratsch über Schauspieler, Königshäuser und Prominente, bekannte und eher unbekannte. Regenbogenpresse eben, und die ist bei vielen Lesern immer noch gefragt und offenbar ein gutes Geschäft für die Hamburger.

Jetzt aber überrascht Verlegerin und Haupteigentümerin Yvonne Bauer, 42, mit dem Kauf einer Tageszeitung. Vom Kölner Verlagshaus DuMont erwirbt Bauer die Mitteldeutsche Zeitung in Halle. Angeblich etwas mehr als 50 Millionen Euro soll das Regionalblatt kosten. Bauer, Tochter des langjährigen Verlegers Heinz Bauer, 80 (der den Zeitungskauf angeblich sehr befürwortet hat), hat bislang kaum auf Tagespresse gesetzt. In Sachsen-Anhalt gehört jedoch die Volksstimme in Magdeburg zum Unternehmen. Die beiden Regionalblätter liegen in unmittelbarer Nachbarschaft, auch wenn sich ihre Verbreitungsgebiete kaum überschneiden.

Bauer wird mit dem Erwerb zum größten Zeitungsverleger in dem Bundesland. Der Kauf muss nun noch vom Bundeskartellamt genehmigt werden, dort hieß es, das Vorhaben sei noch nicht angemeldet. Marco Fehrecke, der die Bauer-Geschäfte in Magdeburg leitet, teilte mit: "Über die erwarteten Synergieeffekte mit der Mediengruppe Magdeburg schaffen wir eine gute Ausgangslage, um den regionalen Journalismus in Mitteldeutschland langfristig zu erhalten." Offen ist, ob mittelfristig auch ein Zusammengehen der beiden Zeitungen geplant sein könnte.

Wie es bei der "Morgenpost" in Hamburg weitergeht, ist noch offen

Die Mitteldeutsche Zeitung in Halle und Volksstimme in Magdeburg sind etwa ähnlich groß und kämpfen mit den gleichen Problemen. Die Verkaufszahlen gehen tendenziell zurück, das Anzeigengeschäft ist wie die Wirtschaftskraft in der Region eher schwach, die Verteilung der Zeitung kostet viel Geld. Die Mitteldeutsche Zeitung bringt derzeit 17 Lokalausgaben heraus und kam im dritten Quartal auf eine verkaufte Auflage von rund 150 000 Exemplare. Zur Mediengruppe, die insgesamt mit Gewinn gewirtschaftet haben soll, gehören unter anderem das Online-Portal mz.de, die Anzeigenblätter Wochen-Spiegel und Super-Sonntag mit einer wöchentlichen Gesamtauflage von rund 1,3 Millionen, Aktivitäten in Logistik und Druck und der regionale TV-Sender TV Halle.

Das Blatt, das zu DDR-Zeiten Freiheit hieß, gehörte schon seit der Wende zur Kölner DuMont-Gruppe. Deren Chef Christoph Bauer hatte im vergangenen Jahr aber überraschend angekündigt, alle Zeitungsaktivitäten auf den Prüfstand zu stellen und sich gegebenenfalls von ihnen trennen zu wollen. DuMont war mit Printtiteln in Berlin, Hamburg, Halle und Köln aktiv. Zunächst war ein Paketverkauf im Gespräch, doch dafür fand sich kein Interessent. Deshalb wurden die Titel einzeln angeboten. Die Mitteldeutsche Zeitung dürfte nun die einzige sein, für die ein nennenswerter Kaufpreis erzielt wurde.

Der Berliner Verlag, zu dem unter anderem die Berliner Zeitung und der Berliner Kurier gehören, wurde im vergangenen Herbst an das Unternehmerpaar Silke und Holger Friedrich abgegeben. Die Transaktion war eine Überraschung: Die beiden, die ihr Geld unter anderem in der Softwarebranche gemacht hatten, waren bisher nicht im Mediengeschäft aktiv. Kurz nach dem Erwerb wurde die Stasi-Vergangenheit von Holger Friedrich bekannt, das sorgte für erhebliche Unruhe. Die Investoren wollen die Berliner Zeitung explizit als ostdeutsche Zeitung positionieren.

Auch seine Kölner Zeitungen hatte DuMont überprüft, doch sie sollen im Unternehmen bleiben, wie Konzernchef Bauer im Dezember mitteilte. Dazu gehören der Kölner Stadt-Anzeiger und das Boulevardblatt Express. Wie es mit dem DuMont-Boulevardtitel Hamburger Morgenpost weitergehen soll, ist derzeit unklar. Die Zeitung verzeichnete besonders hohe Auflagenrückgänge. Zuletzt stand offenbar ein Verkauf, aber auch eine Insolvenz im Raum. Der Betriebsrat forderte bereits, dies auszuschließen. Morgenpost-Geschäftsführerin Susan Molzow soll zudem interessiert sein, das Blatt selbst zu übernehmen. Spekuliert wurde auch über einen Verkauf an Bauer - zusammen mit der Mitteldeutschen Zeitung. "Die Spekulationen und die Ungewissheit zerren an den Nerven der Beschäftigten und beschädigen die beiden Zeitungstitel mutwillig", kritisierte in der vergangenen Woche Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten Verbands (DJV). Alfred Neven DuMont, der 2015 mit 88 Jahren starb, hatte in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Kölner Verlag massiv expandiert, immer neue Zeitungen erworben und sich damit überhoben. Zusammengeführt wurden die verschiedenen Titel nie. Die Frankfurter Rundschau ging schließlich in die Insolvenz. Es mussten hohe Wertberichtigungen vorgenommen werden, die die Firma bis heute belasten. Die Gruppe hat 2018 rund 621 Millionen Euro umgesetzt und meldete einen Konzernverlust von fast 86 Millionen Euro, bedingt durch Abschreibungen und eine Kartellstrafe. Das Unternehmen ist nach wie vor in Familienbesitz. Christoph Bauer, der noch von Alfred Neven DuMont eingestellt wurde, baut nun um und will sich auch auf neue Mediengeschäfte und Internetaktivitäten konzentrieren. Doch richtig voran ist er damit nicht gekommen. Den Erlös aus dem Zeitungsverkauf in Halle kann er nun möglicherweise in Investitionen stecken.

Die Entscheidung zum Verkauf sei nicht leicht gefallen, sagte am Mittwoch Isabella Neven DuMont, die Tochter von Alfred Neven DuMont. Sie fügte an: "Wir sind davon überzeugt, dass die Bauer Media Group der richtige neue Eigentümer für diesen Kurs ist."

Bauer übernimmt alle 1100 Mitarbeiter der Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung. Große Regionalzeitungsverleger sind unter anderem die Madsack-Gruppe aus Hannover, mit fünfzehn Titeln, darunter auch welche in Sachsen und Brandenburg, und Funke Medien mit zwölf Regionalzeitungen, auch in Thüringen.

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Quelle:
SZ vom 16.01.2020
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