Süddeutsche Zeitung

Dänische Krimiserie auf Arte:Kommissarin Cool

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Arte wiederholt die zweite Staffel von "Kommissarin Lund". Eine Mordserie an Afghanistan-Veteranen zeigt viele überraschende Wendungen, kühle Beats und menschliche Abgründe. Nur das Ende floppt.

Christopher Keil

Es gibt nicht nur die amerikanischen oder britischen Serien, die in weiten Bögen und in sich immer wieder überraschend kreuzenden Handlungssträngen aus den Ecken und Tiefen unserer Gesellschaft erzählen. Die Fiktion wird phantasievoll bis an den Rand der Wirklichkeit getrieben, die Episoden der dänischen Produktion Kommissarin Lund sind ein gutes Beispiel dafür.

Das ZDF ist daran immerhin als Geldgeber beteiligt, die zweite Staffel "Das Verbrechen II" wurde bereits im Oktober/November des vergangenen Jahres an fünf Sonntagabenden im Zweiten gezeigt.

Nun wiederholt Arte die exzellente Serie in Doppelfolgen. Man kann sehr lange nicht genug bekommen von der so leicht, klug und anspruchsvoll verschraubten Geschichte, in der Drehbuchautor Søren Sveistrup die Mordermittlungen der Polizistin Sarah Lund mit einer Intrige in der dänischen Regierung verbindet. Die Parallelität von Verbrechen und Politik ist ausgeklügelt, bis fast ans Ende sehr spannend und wendungsreich inszeniert. Nur die Auflösung wirkt lasch, beinahe beliebig, und in dieser Schwäche ähnelt "Das Verbrechen II" der wunderbaren deutschen Miniserie Im Angesicht des Verbrechens von Regisseur Dominik Graf.

2007 war Kommissarin Lund in den USA für den Emmy nominiert, 2008 auch Hauptdarstellerin Sofie Grabøl. Grabøl verkörpert als Sarah Lund so viel lebensechte Ambivalenz, dass eine Polizistin sichtbar wird, die mit manchmal fast abstoßender Radikalität ermittelt und sich im Privaten, wo die Logik nicht immer die Macht über Gefühle erringen kann, selbst nur schwer annimmt. Beruflich kommuniziert Sarah Lund mit ihrer großen Beobachtungs- und Kombinationsgabe. Sie braucht nicht viele Worte. Die Welt, in der sie fahndet, Kopenhagen, ist ein dunkler, ein kühler Ort harter Kontraste, klarer Formen und cooler Elektrobeats, die den kurzen Moment füllen, in dem Erkenntnis zu neuem Rätsel führt.

In "Das Verbrechen II" geht es, vereinfacht ausgedrückt, um eine Mordserie an Kriegsveteranen, die in Afghanistan kämpften und ein Geheimnis hüteten. In den klassischen Konflikt oder das klassische Zusammenspiel von Politik und Polizeiapparat mischt Søren Sveistrup die Law-and-Order-Brutalität des Militärs, das ja so oft nicht anders kann, als mit falschen Wahrheiten die angeblich echten Werte zu verteidigen. Das politische Klima des Kriminalfalles entsteht durch die Debatte über ein neues Anti-Terror-Gesetz, das dem dänischen Parlament zur Abstimmung vorliegt.

Das ist fabelhaftes Fernsehen, aber eben leider nur bis zur letzten, zur zehnten Folge.

Kommissarin Lund Arte, fünf Doppelfolgen, immer dienstags, 22:05 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 06.09.2011
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