Süddeutsche Zeitung

"Bier Royal" im ZDF:Wie eine gut gezapfte Halbe

Lesezeit: 2 min

Von Susanne Hermanski

Schon der Titel des TV-Zweiteilers ist ein Statement. Bier Royal. Er sagt: Ich scheue den Vergleich zur Kultserie nicht. Den Vergleich zu Kir Royal aus den Achtzigern, und zum Säulenheiligen der deutschen Fernsehwelt, Helmut Dietl. Die Voraussetzung für eine solche Anmaßung ist nicht schlecht: Die Geschichte spielt in einer Münchener Brauereidynastie. Eine Klatschreporterin gibt es darin auch, aber nur am Rande, die Zeitungskrise macht sich halt überall bemerkbar.

Im Mittelpunkt der schwarzen Komödie stehen zwei andere Frauen: Gisela (Gisela Schneeberger), zweite Gattin des gerade verstorbenen Patriarchen und dessen Tochter Vicky aus erster Ehe (Lisa Maria Potthoff). Der Streit ums Erbe hat viel Potenzial, und dank des ausgedehnten Immobilienbesitzes von "Arnulfbräu" hat bald ganz München etwas davon. Eine im Rathaus längst eingefädelte Grundstücksschacherei droht zu platzen, die Lizenzvergabe an die Oktoberfestwirte war seit jeher ein Politikum, und wenn auch noch ein US-Unternehmensberater als Stiefschwiegersohn mitmischen will, zeichnet das die große Welt im kleinen München prima nach.

Regiert wird dieses von einer Bürgermeisterin. Mit der die Gisela freilich regelmäßig ins Fitnessstudio geht. Zusätzliche Krisenherde tun sich auf, als Gisela die mit allzu vielen intimen Einblicken gesegnete Haushälterin (Marianne Sägebrecht) abserviert. Und dass Vicky es sich in den Kopf setzt, das Food-Konzept ihrer brauereieigenen Gaststätten radikal zu modernisieren, trägt auch nicht gerade zur Deeskalation bei. Starkoch Alfons Schlumbeck kreiert für sie die vegane Weißwurst dazu. Alles dreht sich, wiederholt sich und schäumt ineinander wie in einem großen Sudkessel.

Drehbuchautorin Carolin Otto und Regisseurin Christiane Balthasar lassen keinen Zweifel daran: Die handelnden Figuren auf diesem Bierkriegsschauplatz sind die Frauen, die Männer spielen die Nebenrollen. Besetzt sind sie trotzdem liebevoll.

Etwa mit Robert Palfrader, der als Dr. Maxlrainer den österreichischen Geschäftsführer von Arnulfbräu spielt. Er sammelt besessen Görings Unterwäsche und anderen braunen Scheiß und landet trotzdem - oder gerade deswegen - mit der einst stramm linken Alt-68er-Klatschreporterin (Ulrike Kriener) im Bett. Die Dialoge haben Witz. Die Schauspieler bringen genug Schlawinertum mit für das Treiben aus Filz, Betrug, Ehebruch. Und München sieht so ewig sonnig aus, als hätte das Tourismusamt Produktionshilfe geleistet. Glockenspiel, Chinesischer Turm und Englischer Garten spielen ihre Rollen ausgezeichnet. Und wer sich besser auskennt in München, der schmunzelt über die Hinterfotzigkeit der Filmemacher, die ausgerechnet den ehemaligen Führerbau der NSDAP (heute Münchens Musikhochschule) ausgesucht haben, um ihn in eine Bank zu verwandeln. Deren Direktor bringt Dr. Maxlrainer und die gute Gisela beinahe um ihre Brauerei.

Und wie sieht es aus mit dem Vergleich zu Kir Royal? Die Leichtigkeit der wie Schaumwein prickelnden Serienabenteuer des Baby Schimmerlos erreicht Bier Royal nicht. Aber der Zweiteiler schenkt dem Publikum eine gut gezapfte Halbe ein. Wie der Münchner sagen würde: "Passt scho."

Bier Royal , ZDF, Montag und Mittwoch um 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 28.01.2019
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