Süddeutsche Zeitung

BDZV-Tagung:Geschäft und Gesellschaft

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Die deutschen Zeitungsverleger tagen in herausfordernden Zeiten. Matthias Döpfner, Vorsitzender ihres Bundesverbands, appelliert dafür, in gute Reporter und Autoren zu investieren.

Von Josef Kelnberger

Horst Seehofer habe sich auf dem Oktoberfest verkühlt und könne deshalb nicht nach Stuttgart kommen, sagte Mathias Döpfner. Er übermittelte Genesungswünsche in einem Ton, der im Auditorium vereinzelte Lacher provozierte. Übermäßig traurig schien Springer-Chef Döpfner in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) nicht zu sein. Zwar riss die Absage des bayerischen Ministerpräsidenten eine Lücke ins Programm des Zeitungskongresses 2017. Aber zum einen standen immer noch Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz auf der Gästeliste der zweitägigen Veranstaltung. Zum anderen hielt Döpfner selbst eine Rede, die politischer nicht hätte sein können. Die deutschen Verleger, sagte Döpfner, hätten in diesen Zeiten "eine historische Verantwortung", die freiheitliche Demokratie zu retten. "Es geht nicht nur um unser Business, sondern darum, wie unsere Gesellschaft in Zukunft aussieht."

Terrorangst, Vormarsch der Autokraten, Gewalt von linken und rechten Extremisten, künstliche Intelligenz, die den Bürger entmündigt: Döpfner zeichnete vor circa 400 Verlagsvertretern ein reichlich apokalyptisches Bild. Nur 13 Prozent der Menschen weltweit hätten noch Zugang zu freien Medien. Die freie Presse aber sei der "Rohstoff der Demokratie". Deshalb appellierte Döpfner an die Verleger: Sie sollten investieren in digitale Vertriebswege, aber vor allem in investigative Reporter und gute Autoren. Das Vertrauen in Zeitungsjournalismus sei so groß wie lange nicht mehr.

Das war ein antizyklischer Appell in Zeiten, in denen die Zeitungsverlage mit sinkenden Print-Auflagen kämpfen, mitten im digitalen Wandel stecken und nach Sparpotenzialen suchen. Der Zeitungsverlegervorsitzende Döpfner, dessen Springer-Verlag allerdings große Teile seiner gedruckten Zeitungen und Zeitschriften verkauft hat und stark ins Digitale investiert, verknüpfte den hohen Anspruch an die eigene Branche mit Forderungen an die Politik. Die EU müsse die Rechte der Zeitungsverleger gegenüber den US-Internetgiganten stärken, die ihre Texte online verwerten. Die deutsche Politik müsse die Kosten für geringfügig beschäftigte Zeitungszusteller senken. Vor allem aber müsse sie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Internet Grenzen setzen: "Wir erleben im Netz eine gebührenfinanzierte Staats-Presse, die den Wettbewerb verzerrt und uns Presseverlagen kaum Entfaltungsmöglichkeiten lässt." Döpfner begrüßte ausdrücklich, dass mehrere BDZV-Mitglieder den Klageweg beschreiten. Mit der angeblich zu üppigen Ausstattung von ARD und ZDF befasste sich auf dem Zeitungskongress sogar eine eigene Debattenrunde.

Zu Gast war auf Einladung Döpfners am Montag auch Joachim Löw. Der Bundestrainer wurde interviewt vom eigenen Pressesprecher. Es war nicht unbedingt ein Exempel von kritischem, unabhängigem Journalismus.

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Quelle:
SZ vom 19.09.2017
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