Süddeutsche Zeitung

Umweltschutz:Klimaklage

Erst vor vier Wochen hat das oberste Gericht in Deutschland die Regierung zu mehr Umweltschutz verdonnert. Jetzt gibt es ein zweites Gerichtsurteil, das Aufregung verursacht.

Von Nina Himmer

Richtige Paukenschläge hört man zum Beispiel bei Konzerten, Paraden oder Demonstrationen. Diese Woche aber haben viele ein Gerichtsurteil als Paukenschlag bezeichnet. Nicht weil die Richterin getrommelt hat, sondern im übertragenen Sinne: weil es aufhorchen lässt, besonders ist. Zum ersten Mal wurde nämlich ein Unternehmen dazu verurteilt, seinen CO₂-Ausstoß zu verringern und mehr für den Schutz der Umwelt zu tun. Der Konzern Shell, der sein Geld vor allem mit Öl und Gas verdient, soll den Ausstoß seiner Treibhausgase bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2019 nahezu halbieren. Das Unternehmen müsse seinen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten, urteilte ein Gericht in der niederländischen Stadt Den Haag. Dort hat der Konzern seinen Hauptsitz, deshalb wurde dort verhandelt. Das Urteil ist gleich dreifach bemerkenswert. Zum einen, weil bisher nur Staaten in Sachen Klimaschutz in die Pflicht genommen wurden. Private Unternehmen aber noch nie. Zum anderen, weil die von sieben Umweltorganisationen eingereichte Klage von 17 000 Bürgerinnen und Bürgern unterstützt wurde. Shell pustet nämlich doppelt so viel Treibhausgase in die Atmosphäre wie alle 17 Millionen Niederländerinnen und Niederländer zusammen. Nicht zuletzt ist das Urteil ein wichtiges Signal, dass Klimaschutz wichtiger wird und Geschäftsmodelle auf Kosten der Umwelt künftig schwieriger werden. Die Klimaklagen, deren Anzahl weltweit ansteigt, haben nun mehr Aussicht auf Erfolg.

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Quelle:
SZ vom 29.05.2021
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