Süddeutsche Zeitung

Thema der Woche:Höchststrafe

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In München ist der längste Strafprozess in der Geschichte der Bundesrepublik zu Ende gegangen. Auf das Urteil gegen die NSU-Terroristen hat das ganze Land gewartet.

Von Annette Ramelsberger

Viele Jahre lang geschahen in Deutschland unerklärliche Morde: Familienväter wurden in ihrem Kiosk ermordet, an ihrem Blumenstand erschossen, in ihrem Schlüsseldienstladen umgebracht. In München, in Nürnberg, in Hamburg, überall in Deutschland. Neun Menschen wurden so hingerichtet und niemand wusste, warum. Sie hatten niemandem etwas getan.

Erst viele Jahre später löste ein Bekennervideo das Rätsel: Die Morde und auch drei Sprengstoffanschläge und auch noch der Mord an einer Polizistin waren das Werk einer Mörderbande aus Zwickau. Sie bestand aus drei Personen: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Sie hatten sich unter falschem Namen versteckt und lebten von Raubüberfällen. Ihr wichtigstes Ziel war, Ausländer aus Deutschland zu vertreiben. Denn die drei waren rechtsradikal und fanden, dass Ausländer nicht zu Deutschland passen, selbst wenn sie schon lange hier leben und fleißig arbeiten. Sie nannten sich selbst NSU - Nationalsozialistischer Untergrund. Die beiden Männer töteten sich, als sie von Polizei umstellt waren. Ihre Freundin Beate Zschäpe aber überlebte. Sie hatte 13 Jahre lang mit ihren Freunden zusammengewohnt. Ihr und vier ihrer Helfer wurde in München der Prozess gemacht. Sie sagte, sie habe die Morde nicht gewollt und sei nur aus Liebe bei ihren Freunden geblieben. Am Mittwoch aber hat das Gericht Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt. Es glaubt ihr nicht und hält sie für die Mittäterin der Männer. Das Gericht hat sich viel Mühe gemacht, um ein faires Urteil zu fällen: Es hat mehr als fünf Jahre lang verhandelt, über 600 Zeugen gehört und Tausende Akten durchgearbeitet. Mit dem Urteil geht nun der längste Strafprozess in der Geschichte der Bundesrepublik zu Ende. Viele Angehörigen sind nicht zufrieden mit dem Ergebnis, denn ihr Schmerz bleibt: Die geliebten Menschen bringt ihnen niemand zurück.

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Quelle:
SZ vom 14.07.2018
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