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Stilkritik: Sex-Tapes:Die Perversion frisst ihre Kinder

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Wenn der Erfolg ausbleibt, tauchen auffallend häufig Videos von ehrgeizigen Frauen wie Pamela Anderson und Paris Hilton auf, die sie beim Sex zeigen. Doch nicht immer folgt der gewünschte Ruhm. Zuweilen ernten die Damen auch Häme und Spott.

Marc Felix Serrao

Wenn junge Frauen, die sonst nichts können, wollen, dass man über sie redet, dann landen oft Videos im Netz, auf denen sie Sex haben. Dieser Schrei nach Aufmerksamkeit wurde lange erhört, vor allem in den USA, wo man schneller zur "Celebrity" wird als die Narben einer Brust-OP zuwachsen.

Den ersten bekannten Beitrag lieferte Pamela Anderson. Die heute 44-jährige Kanadierin verbrachte Mitte der Neunziger ihre Flitterwochen mit dem nicht minder verhaltensauffälligen Mötley-Crüe-Schlagzeuger Tommy Lee am Lake Mead. Das Video der Bootstour, bei der die beiden tun, was man als Paar mitten auf einem einsamen See halt tut, landete zwei Jahre später im Netz - und wurde dort seither sehr, sehr oft angeschaut.

Das verwackelte Filmchen, das offiziell geklaut und dann veröffentlicht worden war, stand damals symptomatisch für die neue, regellose Medienwelt. Da ist zum einen die Unmöglichkeit, einmal im Netz veröffentlichte Inhalte wieder einzufangen. Da ist zum anderen die wachsende Akzeptanz pornografischer Bilder. Als Andersons Video online ging, war ihr erster Kinofilm "Barb Wire" gerade brutal gefloppt.

Und nun, was ein Zufall, war sie wieder im Gespräch. Seitdem hat es eine ganze Batterie an Sex-Tapes gegeben, von Paris Hilton bis zur Reality-TV-Mimin Kim Kardashian. Wer dachte, die Masche müsse irgendwann mal totgenudelt sein, wurde stets von neuen "schockierenden" Videos (nicht) überrascht.

In diesen Tagen wird in den USA über ein weiteres Filmchen diskutiert. Im Mittelpunkt steht eine Kellnerin namens Jasmine Waltz (siehe Foto), deren Lebenslauf ein paar TV-Auftritte und eine Affäre mit David Arquette ("Scream") zieren. Allerdings hat sich der Tonfall gedreht. Statt über ihren ach so wilden Auftritt zu reden, überschütten die Berichterstatter die Hauptdarstellerin mit Häme.

Von einem Deal mit einer Pornofirma ist die Rede. Es heißt, die ehrgeizige junge Dame habe ihr Video fast verzweifelt angeboten. Alles gelogen, antwortete Waltz. Sie sei selbst "schockiert, dass die Öffentlichkeit sehen wird, was ich mit meinem Freund am Valentinstag gemacht habe". Oder auch nicht.

"Wenn du berühmt werden willst, versuch's mal mit Arbeit", kommentierte eine Website namens hotmommagossip. Oder anders: Die Perversion frisst ihre Kinder.

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Quelle:
SZ vom 16.07.2011
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