Süddeutsche Zeitung

Stilkritik: Prinz Albert:Der Märchenprinz

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Prinz Albert könnte der Welt ein schönes Märchen vorleben mit der schönen Schwimmerin an seiner Seite. Doch seine Geschichte bleibt eigenwillig.

Tanja Rest

Alle guten Märchen enden damit, dass der Prinz die Prinzessin gefunden und auf sein Schloss befördert hat, wo er - tatarataa! - um ihre Hand anhält. Die Verlobung ist das finale und vielversprechendste Stadium der Liebe, danach kommt nur die Ehe, und mit ihr geht es bergab.

Schon im zweiten Jahr wird die Prinzessin den Prinzen anraunzen, immerzu sitze er mit seinen Kumpels im Wirtshaus, während sie alleine auf der Chaiselongue ...

Und überhaupt, seine dreckigen Socken gehörten in den Wäschekorb und nicht unters Bett! Im vierten Jahr wird der Prinz feststellen, dass die Prinzessin an den falschen Stellen zugenommen hat und beim Sex die Luft raus ist. Und wenn sie nicht geschieden sind, dann streiten sie noch heute.

Man kann vom Fürsten Albert, 51, halten, was man will, ein schöner Mann ist er gewiss nicht, aber er hat eine anrührend romantische Ader: Er glaubt an Märchen.

Bei den Olympischen Spielen in Sydney ist ihm die blonde Schwimmerin Charlene ins Netz gegangen, von der wohlmeinende Monegassen sagen, sie sehe aus wie Alberts Mutter, die selige Grace Kelly, und müsse deshalb schleunigst geheiratet werden.

Charlene scheint ähnlicher Ansicht zu sein, jedenfalls entblößt sie mit schöner Regelmäßigkeit ihre beeindruckende Schulterpartie, als wolle sie Albert bedeuten: Chéri, das bisschen Landesmutter wuppe ich doch mit links!

Am lautesten fordern natürlich die Klatschblätter die Ehe, kein Wunder, seit Prinzessin Carolines Gatte keine Bild-Schlagzeilen mehr macht und Prinzessin Stéphanie aus dem Zirkuswagen von Franco Knie ausgezogen ist, ist das Palastleben recht fad geworden.

Was aber tut der Fürst? Er führt seine Liebste zum Rosenball, er schmust mit ihr auf Stadiontribünen, er lässt sich von diesen Schultern keineswegs einschüchtern. Nur die eine Frage, die stellt er nicht.

"Ich wache nicht jeden Morgen mit diesem Druck auf", hat er gerade erst dem Pariser Journal du Dimanche mitgeteilt. Wenn Albert so weitermacht, wird sein Märchen niemals enden.

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Quelle:
SZ vom 30.06.2009/mmk
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