Süddeutsche Zeitung

Sonderedition Klorollen zu Ehren Benedikts XVI:Päpstliches Papier

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Zum Besuch von Benedikt XVI beim Weltjugendtag in Madrid hat eine portugiesische Firma eine Sonderedition parfümierten Klopapiers aufgelegt. Wer hier Spott vermutet, liegt ziemlich daneben. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass die vielseitigen Rollen zweckentfremdet werden.

Eine Doppelpackung mit je einer weißen und einer gelben Rolle, für 2,76 Euro pro Stück im Online-Shop erhältlich, die Auflage ist limitiert: Zum Besuch von Benedikt XVI kommende Woche beim Weltjugendtag in Madrid hat eine portugiesische Firma eine Sonderedition parfümierten Klopapiers aufgelegt. Weniger subtil lässt sich dem mächtigsten Katholiken der Welt wohl kaum sagen, was man von ihm hält, könnte man da denken.

Aber weit gefehlt. Die Geschichte der Klorolle ist reich an Formen der Zweckentfremdung. So werden Mütter von Kindergartenkindern immer wieder mit Rundbriefen bombardiert, die dazu aufrufen, den Kindern leere Käseschachteln (wer isst eigentlich Käse aus der Schachtel?) zum täglichen Bastelvergnügen mitzubringen - und Papprollen. Schon kann die Metamorphose vom Hygieneartikel zum Kaleidoskop oder einer anderen selbstgebastelten Wunderbarkeit beginnen.

Im Urzustand wird der Rolle schonmal ein Häkel-Häubchen übergezogen, deren Existenz sie zugleich erst ermöglichen. Denn wer hat schon einmal eine Klorollenmütze ohne Klorolle gesehen? Doch zurück zum Papier selbst: Eine studentische Legende besagt, dass die Zellstoffstücke auch schon mal als Ersatz für fehlende Kaffeefilter dienen können. Wer es ausprobiert hat aber weiß: Nichts als eine Legende, wohl vor allem der Duftstoffe wegen.

Wo Fähnchen oder Luftschlangen oder Raketen fehlen, kann Toilettenpapier außerdem wirkungsvoll beim Auslaufen von Passagierschiffen zum Einsatz kommen: Die Menschen an Bord werfen die Rollen an die winkenden und weinenden Familienmitglieder am Ufer, und schon entspinnt sich ein Netz aus Papierstreifen. Funktioniert natürlich nur, wenn die Person an Deck das Ende der Low-Budget-Luftschlange nicht loslässt.

Zu ebendiesem Zweck soll auch das - vergleichsweise teure - Papstklopapier eingesetzt werden: "Öffnen Sie Ihre Fenster, um zu feiern", heißt es auf der Homepage des Herstellers. Und: "Gibt es eine bessere Art, die Straßen zu beleben, als diese Rollen in den Farben des Vatikan als riesige Papierschlangen zu benutzen?"

Ganz zufällig ist die Firma aus Torres Nova übrigens nicht auf die Sache mit der Papstedition gekommen: Der Toilettenpapierkonzern gehört zu den Sponsoren des Weltjugendtages. Angesichts von 420.000 angemeldeten Gästen, die obendrein mehr als acht Millionen Pilgermahlzeiten zu Sonderkondition verzehren werden, macht die Beteiligung dieses Konzerns also durchaus (auf sehr diesseitige Weise) Sinn.

Doch was denkt der Papst selbst über die ihm gewidmeten Hygieneartikeln? Auch wenn spätestens die eingeprägten Tröpfchen einen leisen Ironieverdacht aufkeimen lassen: Angesichts der angekündigten wütenden Proteste gegen seinen Besuch im katholischen Spanien sollte er sich über die eigenwillige Papierdeko in seinen Staatsfarben vielleicht einfach freuen.

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