Süddeutsche Zeitung

Politik:Es ist geschafft

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Im zweiten Anlauf hat es dann doch endlich geklappt: Die Österreicher haben ihren neuen Bundespräsidenten gewählt. Damit endet eine lustig-nervige Geschichte.

Von Cathrin Kahlweit

"Eigentlich" ist ein Wort, das Politiker nicht benutzen sollten. Wähler mögen es nicht, wenn ein Politiker sagt: "Eigentlich brauchen wir bessere Schulen, aber das ist zu teuer." In Österreich hat das Wort "eigentlich" im letzten Jahr aber gestimmt: Eigentlich ist schon im vergangenen Mai ein neuer Präsident gewählt worden. Er heißt Alexander Van der Bellen, ist 72 Jahre alt und kommt aus der grünen Partei. Jeder, der älter als 16 war, durfte wählen; in Österreich wird der Bundespräsident nämlich, anders als in Deutschland, von den Bürgern gewählt. Aber: Van der Bellen konnte seinen Posten nicht antreten.

Denn die Partei seines Gegners, der Norbert Hofer heißt, hatte vor Gericht gegen das Wahlergebnis geklagt: Es sei nicht genau und sorgfältig genug gezählt worden. Die Partei von Hofer gibt es in Deutschland nicht, sie heißt Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ). Das Oberste Gericht in Wien gab ihr recht. Deshalb musste jetzt, im Dezember, noch mal gewählt werden.

Es war lustig und nervig zugleich: dieselben Kandidaten, fast dieselben Plakate, dieselben Fragen, dieselben Fernsehduelle. Aber es wurde auch viel diskutiert: zum Beispiel darüber, was wichtig ist, damit eine Wahl überhaupt gültig ist. Zum Schluss waren alle müde von diesem Wahlkampf - und trotzdem sehr gespannt auf den Ausgang: nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern in Europa. Denn die beiden Kandidaten haben sehr unterschiedliche Meinungen zu vielen wichtigen Dingen. Der eine, Van der Bellen (also der, der schon einmal gewonnen hatte), findet Europa gut, so wie es ist, und er findet, dass Angela Merkel recht hatte, als sie über die vielen Flüchtlinge, die nach Europa kamen, sagte: Wir schaffen das. Er findet, Österreich schafft das auch. Der andere, Norbert Hofer, findet, das Ausland mischt sich zu viel in Österreich ein, und die Länder Europas sollten weniger statt mehr zusammenarbeiten. Und er meint, dass es zu viele Flüchtlinge gibt.

Am 4. Dezember haben die Österreicher zum zweiten Mal abgestimmt. Alexander Van der Bellen hat gewonnen. Jetzt ist er nicht eigentlich, sondern wirklich Präsident. Darüber waren viele Menschen in Europa sehr froh. Und viele Flüchtlinge sind es wahrscheinlich auch.

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Quelle:
SZ vom 10.12.2016
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