Süddeutsche Zeitung

Männer und Schmerzen:Fehler in der Maschine

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Das starke Geschlecht zeigt sich nicht gerne schwach. Wenn die Schmerzen dann doch unerträglich werden, weint Mann nicht - sondern schmollt.

Es gibt wohl nur einen Ort, an dem Männer freimütig und öffentlich Schmerzen zeigen: den Fußballplatz. Ansonsten geben sie gerne den stoischen und gänzlich schmerzunempfindlichen Indianer. Der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann führt das auf die Sozialisation des starken Geschlechts zurück: "Männer verdrängen Schmerzen aus Angst, ihrer Rolle nicht mehr gerecht zu werden."

Lassen sich die Schmerzen dann nicht mehr verbergen, "reagieren Männer beleidigt, sind enttäuscht, dass die Maschine Körper sie im Stich lässt", erklärt der Soziologe. Noch schlimmer sei es für Männer, wenn sie psychische Probleme hätten. "Kranksein bedeutet Schwäche, und Männer bekommen keine soziale Anerkennung, wenn sie sich schwach zeigen."

"Ein Mann geht nicht gerne zum Männerarzt"

Die Gesellschaft zwinge sie in ein traditionelles Geschlechtermuster. Dass es viele Spielarten von Männlichkeit gebe, und dass diese alle möglich und nötig seien, "das ist in der Gesellschaft noch nicht selbstverständlich. Frauen sind da inzwischen viel besser dran", sagt Hurrelmann. Um dies zu ändern, müsse das traditionelle Rollenverständnis aufgebrochen werden. Erst dann könnten Männern spezielle Gesundheitsangebote gemacht werden, die sie ohne Gesichtsverlust annehmen können.

"Ein Mann geht nicht gerne zu einem Männerarzt oder in eine Praxis, auf deren Tür groß 'Männerberatung' steht." Gleichzeitig sei ein Arzt aber eine gute Anlaufstelle, gerade auch wenn ein Mann unter psychischen Problemen leide. Ein Mediziner könne den diskreten Zugang zu einem Spezialisten ermöglichen.

Grundsätzlich ist Hurrelmann überzeugt, dass sich im Bereich Männergesundheit etwas verändern wird. "Es bewegt sich etwas. Männer werden nicht ewig an ihrer starren Rolle festhalten", sagt er.

Ende Oktober war der erste Männergesundheitsbericht vorgestellt worden - fast zehn Jahre nach dem Bericht zur Frauengesundheit. Danach leiden Männer mindestens ebenso häufig wie Frauen an psychischen Störungen - bei ihnen bleiben sie aber häufig unentdeckt und deshalb auch unbehandelt. Das liegt offenbar unter anderem daran, dass sich das Krankheitsbild stark von dem der Frauen unterscheidet: Bei Männern zeigen sich psychische Probleme zum Beispiel in Alkohol- und Drogenabhängigkeit, Gewalttätigkeit oder einer antisozialen Persönlichkeitsstörung.

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