Süddeutsche Zeitung

Expeditionsnahrung:Schmackofatz für unterwegs

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Der Sternekoch Holger Stromberg testet Expeditionsnahrung - mit erstaunlichen Ergebnissen.

Birgit Lutz-Temsch

Beim Burger aus der Dose war Schluss. "Das geht einfach nicht", sagt Holger Stromberg, Sternekoch und Verpfleger der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, "das kann ich nicht essen." Vor ihm liegt ein matschiges Brötchen, zwischen dessen Hälften etwas klebt, das aussieht wie "gekochte Salami" und mit einer gelblichen Schicht überzogen ist, die "an alles erinnert, aber nicht an Käse". Das Urteil des Fachmanns ist vernichtend.

Und Holger Stromberg kehrt dabei keineswegs den verwöhnten Sternekoch heraus, im Gegenteil: 13 Expeditionsgerichte und ein Getränk hat er in einem exklusiven Test verkostet, wenn es sein musste, auch in kaltem Zustand. Und dabei streng danach geurteilt, was überhaupt möglich ist, wenn man Essen dehydriert, monatelang in Tüten packt und dann mit heißem Wasser wieder zum Leben erweckt.

Auf diese Form der Ernährung greifen zum Beispiel Wanderer zurück, die mehrtägige Touren vor sich haben und nur ein begrenztes Gewicht tragen können. Gerade das Essen ist aber auch eines der größten Themen bei der Vorbereitung fast jeder Expedition. Besonders wichtig wird das, wenn es um das Zurücklegen einer Strecke geht: Beim klassischen Höhenbergsteigen können Nahrungsmittel in die Hochlager transportiert werden. Wenn man von Russland nach Kanada über das arktische Meereis marschiert, ist das Anlegen von Nahrungsmitteldepots dagegen unmöglich.

Wer solche Distanzen "unsupplied", also ohne jede Unterstützung, zurücklegen will, muss sich sehr gut überlegen, wovon er sich in dieser langen Zeit extremer Beanspruchung ernähren wird. Und landet dann schnell bei der Regel: Maximaler Gehalt bei minimalem Gewicht - und der Einsicht, dass es nur mit natürlichen Lebensmitteln in ihrem Urzustand nicht geht.

Weiter auf der zweiten Seite: Zu welchen Ergebnissen Stomberg kam und was er selbst auf die Reise mitnehmen würde.

Bei der Beurteilung der 13 Gerichte kam Stromberg zu einem klaren Ergebnis: Seine Bestnote, eine 2, vergab er nur an drei Gerichte: Pasta mit Walnüssen, Curryrahm Früchtereis und ein Expeditionsfrühstück. Alle drei Mahlzeiten kommen aus demselben Haus - Adventure Food. Strombergs Urteil: "Dieser Hersteller scheint als einziger seine Gerichte auch selbst zu essen. Es sind keine künstlichen Zusatzstoffe in den Gerichten, man sieht und schmeckt, was man isst - was gar nicht so einfach ist bei dehydriertem Essen. Da ist sensorisch richtig was los auf dem Gaumen." Einzig das Palmfett störte ihn, wegen seiner schlechten Verdaulichkeit.

Die Würze beurteilte er bei diesen Gerichten als sehr gut: "Gerade bei einer Expedition hat man viel Adrenalin im Blut, das behindert die Geschmacksnerven. Das Essen muss deshalb stärker gewürzt sein. Komplett durchfallen ließ er die meisten Angebote von Trekking Mahlzeiten, wie den Elchtopf oder das Paprika-Sojaragout: "Das riecht und schmeckt nach Kantine und Geschmacksverstärker, es sind viel zu viele künstliche Stoffe drin und der Gaumen wird völlig plattgemacht", so der 36-Jährige.

Und was würde sich der Sternekoch selbst mitnehmen auf eine Trekkingtour? "Außer dem getesteten Frühstück einen Haufen Nüsse, Trockenobst als Snack zwischendurch, hefefreie Instantbrühe, Eipulver, Gries für Griesbrei, Hartkäse, Dauerwurst und Trockenfleisch - nur Dinge, von denen ich weiß, was drin ist." Also schon noch ein bisschen mehr als Reinhold Messner. Denn der sagt: "Das Essen kann man herunterschrauben auf 200 Gramm pro Tag. Wenn man pures Fett isst." ________________________

Holger Stromberg hat folgende Produkte getestet:

Travellunch Vanilledessert mit Himbeeren (Note 3) Pasta Bella Italia (Note 4) Hühnerrisotto mit Gemüse (Note 5) Pina Colada, Travellunch (Note 6) Nahrungsmittelkonzentrat

Quick Cuisine Rindergulasch Burgunder Art (Note 5)

Heater Meal Steak and Vegetables, (Note 4)

Dauerbrot Hartkekse (Note 2)

Trekking Mahlzeiten: Elchfleisch - Gormet-Topf (Note 6), Paprika-Sojaragout (Note 6), Cheeseburger in der Dose (Note 6), Blaubeersuppe (Note 5)

Adventure Food: Pasta mit Walnüssen (Note 2), Expeditionsfrühstück (Note 2), Curryrahm-Früchtereis (Note 2).

Bezugsquellen: www.dauerbrot.de www.trekking-mahlzeiten.de www.adventurefood.com

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SZ vom 16.03.2009/bilu
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