Süddeutsche Zeitung

Familientrio:Hilfe, mein Freund tindert!

Lesezeit: 2 min

Darf er die Dating-App nutzen, obwohl er in einer Beziehung ist? Und wie reagiert man auf so was? Experten antworten.

Von Kirsten Boie, Jesper Juul und Collien Ulmen-Fernandes

Leserin Petra L. Hannover fragt:

Ich habe einen neuen Freund, den ich auf Tinder kennengelernt habe. Neulich habe ich gesehen, dass er die App immer noch auf seinem Handy hat. Darauf angesprochen, meinte er, dass er nur ab und zu reinguckt, aus Neugiert. Löschen will er seinen Account nicht. Ich mache mir Sorgen, dass er schon fremdgeht. Kann ich ihn zwingen, diese App zu löschen?

Kirsten Boie: Wie stabil erscheint Ihnen Ihre Beziehung?

Natürlich nicht. Auch wenn es merkwürdig ist, dass er diese App beibehält. Er sollte sie eigentlich löschen, um Ihnen zu zeigen: Ich bin nicht mehr auf der Suche. Mit dir habe ich gefunden, wonach ich gesucht habe.

Spannend finde ich aber das Maß Ihrer Beunruhigung. Wie stabil erscheint Ihnen Ihre Beziehung denn überhaupt? Wenn Sie glauben, sie wäre so fragil, dass sie durch neue, attraktivere Angebote auf Tinder gefährdet ist und dass Ihr Freund sich vielleicht sogar längst mit anderen Frauen trifft, dann wird auch ein Löschen der App nichts bewirken. Dann wird er sich ohnehin irgendwann trennen, weil Ihre Beziehung nicht tragfähig ist. Und wollen Sie wirklich eine Beziehung, in der Sie schon in dieser frühen Phase der (eigentlich doch!) größten Verliebtheit so misstrauisch sein müssen?

Jesper Juul: Seien Sie ehrlich

Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie Ihren Freund zum Löschen dieser App zwingen wollen. Sie könnten versuchen, ihn zu manipulieren, indem Sie dauernd an ihm herumnörgeln und sich beschweren, aber das wird jede Hoffnung für eine gemeinsame Zukunft zerstören.

Ich möchte Ihnen raten, dass Sie ihm die Möglichkeit anbieten, ehrlich zu Ihnen zu sein: "Wenn du diese App weiterhin benutzen möchtest, weil du dir nicht sicher bist, ob du dich auf eine Beziehung mit mir einlassen möchtest, sag mir das einfach und dann gucke ich, was ich aus dieser Information mache." Zwingen Sie ihn, sich verantwortlich Ihnen gegenüber zu zeigen, und werden Sie nicht zum Opfer seines Verhaltens.

Collien Ulmen-Fernandes: Werden Sie zu SusiBussi86

Ich verstehe, dass Sie sich Sorgen machen. Gerade da Sie in einer recht frischen Beziehung sind und noch nicht wissen, wie Ihr Freund es mit der Treue hält. Die App gehört jedoch, wie seine Unterhosen, zu seiner Privatsphäre: Lassen Sie die Finger davon.

Allerdings: Wie wäre es, wenn Sie sich zum Beispiel ein Lachgesicht auf den Bauch malen, es fotografieren, das Foto als Profilbild hochladen, sich SusiBussi86 nennen und so lange herumtindern, bis Sie das Profilbild Ihres Freundes gefunden haben? Dann liken Sie ihn. Je nachdem, ob und wie schnell er zurückliked, können Sie schon mal abschätzen, ob er aktiv ist oder ob er die App wirklich nur zum Spaß auf dem Handy hat.

Wenn er Kontakt mit Ihnen aufnimmt, verabreden Sie ein Treffen beim Italiener, kleben sich einen künstlichen Schnurrbart an, knibbeln ein Loch in die Tageszeitung und beobachten ihn vom Nachbartisch aus. Sie können vorher eine rote Rose als Erkennungszeichen verabreden, das wäre besonders unangenehm. Dann genießen Sie, wie er ungeduldig mit der peinlichen Rose am Tisch ausharrt. Sie lassen ihn einfach da sitzen und beobachten, wie er auf sein Susi-Bussi-Date wartet.

Irgendwann verlassen Sie das Lokal, tauschen daheim die Schlüssel aus, werfen seine Sachen aus dem Fenster, legen sich auf die Couch und sehen sich drei Wochen lang heulend Liebesfilme an, bis der schlimmste Kummer vorbei ist. Tritt dieses Szenario nicht ein, ist alles okay. Dann können Sie diese Idee an einen Filmverleih verkaufen

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

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Quelle:
SZ vom 17.12.2016
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