Süddeutsche Zeitung

Kolumne: Die Altersweisen:Was tust du, wenn du traurig bist?

Lesezeit: 2 min

Mia, 14, findet Trost bei den Freundinnen oder der Mutter, Christian, 77, bei der Arbeit im Garten. Wie junge und alte Menschen die Welt sehen und ihr Leben meistern, erzählen sie in dieser Kolumne.

Protokolle von Niko Kappel

Christian, 77, lebt in Rheinland-Pfalz und singt gerne im Chor.

"Wenn ich traurig bin, gehe ich gerne in den Garten. Dann ruft die Arbeit, das lenkt mich ab. Mit meiner Traurigkeit bin ich ganz gern allein. Ich versuche, über die Arbeit mit den Händen damit klarzukommen. Meine Tochter hat das schon ganz früh verstanden, als sie noch sehr klein war. Ich werkelte gerade im Garten. Da sagte meine Tochter zu meiner Frau: "Der Papa baut ja gerade schon wieder eine neue Gartenmauer? Geht es ihm schlecht?"

Vor ein paar Wochen ist ein Onkel von mir verstorben. Etwas in seinem Garten hat mir sehr gut über diesen Verlust hinweg geholfen: seine Bienen. Mein Onkel war Imker, das war seine Leidenschaft. Er bot in unserer Schule hier im Ort sogar eine Imker-AG an, um junge Menschen für Bienen zu begeistern. Als er krank wurde, vor ein paar Jahren, übernahm ich seine Bienen. Sie erinnern mich an ihn. Gleichzeitig geben sie mir eine Beschäftigung, mit der ich die Trauer oft für kurze Zeit vergessen kann."

Mia, 14, wohnt in Sindelfingen und interessiert sich für Astrologie. Ihr Sternzeichen ist Stier.

"Wenn ich traurig bin, höre ich meistens Musik. Vor allem, wenn ich schon länger nicht mehr geweint habe. Irgendwann muss man es doch mal rauslassen, oder? Mein liebstes trauriges Lied ist "Atlantis" von Seafret. Traurige Filme helfen da auch ganz gut, ich gucke dann gerne "Wie ein einziger Tag".

Wenn ich wegen etwas Schlimmem traurig bin, versuche ich aber schon auch, mit jemandem zu reden. Mit Freundinnen zum Beispiel. Es ist schon krass, voll oft hilft mir einfach ein Lächeln von einer guten Freundin. Oder ein Anruf bei meiner Mama. Ich war schon öfter in der Schule mal arg traurig. Einmal zum Beispiel hat eine gute Freundin einfach den Kontakt zu mir abgebrochen. Wir waren eine große Freundesgruppe, sie hat sich ausgeschlossen gefühlt. Dann hat sie auf einmal mit niemand mehr gesprochen. Auch nicht mit mir, obwohl ich mir voll Mühe gegeben habe. Da war ich schon sehr down. Ich bin aufs Klo und habe meine Mama angerufen.

Wir haben an der Schule aber auch Sozialarbeiter. Zu denen kann man gehen, wenn man ein größeres Problem hat. Ich finde das total wichtig. Obwohl ich dort noch nie hingegangen bin, gibt es mir Sicherheit. Ich weiß, dass sich da immer jemand für mich interessiert und mir zuhört."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5730222
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.