Süddeutsche Zeitung

Aktuell :Grenzstreit

An der Grenze zwischen Belarus und Polen harren Tausende geflüchtete Menschen aus. Sie frieren, sind verzweifelt und haben Hunger - wegen eines Streits, für den sie nichts können.

Von Nina Himmer

Alexander Lukaschenko würde alles tun, um an der Macht zu bleiben. Das hat der belarussische Diktator schon oft bewiesen: Er fälschte die Wahlen in seinem Land, ließ Proteste dagegen niederschlagen, steckte seine Gegner ins Gefängnis und zwang ein Flugzeug zur Landung, um einen regierungskritischen Blogger zu verhaften. Wegen dieser Verbrechen hat die EU Strafmaßnahmen gegen Belarus verhängt, sogenannte Sanktionen. Zum Beispiel wurden der Handel und Bankgeschäfte mit dem Land stark eingeschränkt. Was das alles mit den Geflüchteten zu tun hat, die gerade an der Grenze zu Polen ausharren? Eine Menge. Auch sie sind ein Beispiel dafür, dass Lukaschenko keine Skrupel kennt. Er benutzt die Menschen als Druckmittel, um gegen die Sanktionen der EU vorzugehen. Seine Botschaft: Wenn ihr die Strafen nicht lockert, lassen wir mehr Flüchtlinge zu euch durch. Dafür hat Lukaschenko extra Menschen aus anderen Ländern einfliegen lassen, etwa aus dem Irak. In Bussen wurden sie an die Grenzen zu Polen, Lettland und Litauen gebracht und mit Werkzeug ausgestattet, damit sie es illegal in die EU schaffen. Die EU reagiert darauf mit einer stärkeren Grenzsicherung - und einer Menge neuer Sanktionen. Und die Menschen an der Grenze? Mittlerweile wurden viele in Hallen untergebracht, die zumindest ein bisschen Schutz bieten. Und der Irak hat angekündigt, manche mit Sonderflügen zurück ins Land zu holen. Dorthin, von wo sie geflohen sind. Sie sind die großen Verlierer in einem fiesen Machtkampf der Länder.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5467849
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.11.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.