Süddeutsche Zeitung

Vorschlag-Hammer:Von der Lässigkeit der Wurst

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Kürzlich kam ich in Bologna zufällig auch an der "Metzgerei Ceccarelli" vorbei. Die führt in einem Song der österreichischen Band "Wanda" seit Jahren ein spektakuläres Eigenleben

Kolumne von Christiane Lutz

Es wird Zeit, dass die Sommerferien kommen und die Theater mal gar nichts machen. Wo keiner was macht, verpasst man nämlich auch nichts. Da die Zeitung aber trotzdem erscheinen muss, arbeiten wir Kulturredakteure dennoch weiter, oder wir tun zumindest so. In dieses sommerliche Nichts hinein wünsche ich mir ein bisschen sommerliche Leichtigkeit und Lässigkeit, wie man sie, Sie wissen, was kommt, nur in Italien findet. Kürzlich reiste ich nach Bologna. Ich kam zufällig auch an der "Metzgerei Ceccarelli" vorbei. Die führt ja in dem Song "Bologna" der österreichischen Band Wanda ein spektakuläres Eigenleben. Die gut grölbare Textzeile lautet so: "Tante Ceccarelli hat in Bologna Amore gemacht". Angeblich gab es diese bologneser Tante Ceccarelli wirklich, mit dem Geschäft hatte sie allerdings nichts zu tun. Interessiert schlich ich also an der Metzgerei vorbei, in der Annahme, dass man dort längst versucht, aus dem Erfolg des Songs Profit zu schlagen. Wanda-Wurst, zum Beispiel. Amore-Anhänger. Aber keinerlei Hinweis auf den Ruhm der Institution jenseits der Alpen, nichts. Nur ein mürrischer Metzger, der vor dem Laden rauchte. Ich fand das sehr lässig und der Relevanz von Wanda auch vollkommen angemessen. Jene Lässigkeit bestimmt überhaupt ganz Bologna. Für ein Retro-Filmfest schaffte man kurz mal 2000 Stühle auf die Piazza Maggiore. Wer keinen Platz fand, setzte sich eben auf den Boden oder die Stufen vor dem Dom. Kein Eintritt, keine Zäune, keine Zuschauerzählgerätchen. Den paar anwesenden Polizisten war das egal, es benahmen sich ja alle. Da kann man als Münchner schon mal neidisch seufzen, undenkbar sowas bei uns, leider. Die hiesigen Open-Air-Kinos sind zwar nett gemeint aber immer auch anstrengend, sehr kommerziell und mit bajuwarischer Sorgfalt reglementiert.

Immerhin, bevor das sommerliche Nichts kommt, kommen noch ein paar sommerliche Theaterfeste. Theaterpartys sind per se gut, weil Menschen dahinter stecken, die was von Unterhaltung verstehen. Das Volkstheater lädt zum Beispiel zum Sommerfest am 21. Juli von 19 Uhr an im Biergarten des Meschugge, die bayerische Band Levantino wird ein Konzert spielen. Dann empfehle ich herzlich einen Besuch bei Wuss 3000, eine Mischung aus Party und queeren Performances an den Kammerspielen (Samstag, 12. Juli, 21 Uhr). Ebenfalls vielversprechend klingt natürlich das große Abschiedsfest am Residenztheater zum Ende der Intendanz von Martin Kušej (Mittwoch, 24. Juli, 17 Uhr, Marstall). Der Schauspieler Michele Cuciuffo wird auftreten, der ein sehr guter Sänger ist, die aus dem Dunstkreis der Notwist-Brüder entsprungene Hochzeitskapelle ist dabei und der Singer-Songwriter Ian Fisher. Könnte lässig werden. Fast so wie in Bologna.

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Quelle:
SZ vom 12.07.2019
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