Süddeutsche Zeitung

Verleihung des Ibsenpreises in Oslo:Eklat bei Preisverleihung für Peter Handke

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Die Jury lobt sein literarisches Werk, Demonstranten kritisieren seine Haltung im Balkan-Konflikt. Bei der Verleihung des Ibsenpreises an Peter Handke gibt es Krach.

  • Peter Handke will das Preisgeld des Ibsenpreises, etwa 306.000 Euro, nicht behalten.
  • Demonstranten beschimpften den österreichischen Schriftsteller bei der Preisverleihung am Sonntag in Oslo als Faschisten.

Eklat bei der Preisverleihung

Seinen Empfang in Oslo zur Verleihung des Ibsenpreises hatte sich der österreichische Schriftsteller Peter Handke sicherlich anders vorgestellt. Zahlreiche Demonstranten buhten den 71-Jährigen am Sonntag vor dem Nationaltheater aus und bezeichneten ihn als Faschisten. Davon sei Handke sehr betroffen gewesen, sagte Jurymitglied Per Boye Hansen. Dennoch ging der auf die wütenden Menschen vor dem Nationaltheater zu. "Ich wollte ihnen in die Augen sehen", sagte Handke später Fernsehreportern.

Der Schriftsteller reagierte auf seine Weise: Handke will das Preisgeld von 2,5 Millionen norwegischen Kronen (rund 306.000 Euro) nicht selbst nutzen. Die Sprecherin des Ibsenpreises, Anne Berentsen, sagte, der in Frankreich lebende Schriftsteller werde einen Teil des Geldes für den Bau eines Kinderschwimmbads im Kosovo stiften. Was übrig bleibt, wolle er an den norwegischen Staat zurückgeben.

Begründung der Jury - und Handkes Dankesrede

"Die Vielfalt seiner Werkformen ist einfach verblüffend - und geht über all das hinaus, was wir von zeitgenössischen Dramatikern kennen ", sagte Jurymitglied Thomas Oberender im Deutschlandradio Kultur. Mit seinem "sehr modernen Begriff von Theater" sei er eine Art Nachfolger von Brecht", so Oberender. In seiner Dankesrede würdigte Handke den Namensgeber des Preises Ibsen, verzichtete jedoch auf politische Äußerungen.

Auch die Jury des Ibsenpreises war heftiger Kritik ausgesetzt. Ivar Amundsen, der Honorarkonsul für Bosnien-Herzegowina in Norwegen, forderte, den Preis an Handke zurückzuziehen. Die Jury meinte jedoch, Handke habe das Recht zu sagen, was er denke. "Die Jury distanziert sich von den Beschuldigungen, er sei ein politischer Extremist", sagte Jurymitglied Boye Hansen. Alle Mitglieder seien der Meinung, dass ihn dies nicht für den Preis disqualifiziere.

Kritik an Handkes politischer Haltung

Handke war für seine Haltung im Balkan-Konflikt schon häufig stark kritisiert worden. In seinem 1999 in Wien aufgeführten Stück "Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg" hatte er die Nato-Aktionen gegen Serbien verurteilt. 2006 hielt er auf der Beerdigung des jugoslawischen Ex-Diktators Slobodan Milosevic eine Rede. Bereits 2011 kam es deshalb anlässlich der Verleihung des Candide-Preises an Handke zum Eklat.

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