Süddeutsche Zeitung

TV-Doku:Reichlich Fotovorlagen, aber Masturbationsverbot

Mit viel nacktem Archivmaterial und zeitzeugenden Protagonisten erforscht das ZDF "wie die Deutschen liebten".

Claudia Tieschky

Gerade zeigte das ZDF die Spielfilmreihe "Sommernachtsfantasien", aber der Sender - "Mit dem Zweiten sieht man besser" - bleibt körpernah am Thema und bearbeitet es nun sogar mit zeitgeschichtlichem Bildungsanspruch. "Sex, Tabus und kalter Krieg - Wie die Deutschen liebten" heißt die Produktion, in der das Wort Kalter Krieg irgendwann auch mal fällt.

Mit viel nacktem Archivmaterial und den zeitzeugenden Protagonisten Kurt Starke (laut ZDF der "Sexpapst des Ostens") und West-Aufklärer Oswalt Kolle ("Der Opheus des Unterleibs") wird da koloriert, was auch nicht neu ist und ziemlich ähnlich schon vom MDR in der ARD enthüllt wurde. Liebte der Osten anders?

"Sex im geteilten Deutschland" hieß 2006 das libidogetriebene Werk der Konkurrenz, in dem Starke auch schon auftrat. Die Recherche ergab in beiden Fällen: Der Osten war nicht prüde, DDR-Sex im Arbeiterstaat natürlicher, die raren Nacktfotos künstlerisch wertvoller.

Alles anders beim Treiben West: reichlich Fotovorlagen, aber in der Praxis Masturbationsverbot, Bräuteschulen, Katholiken. Bis die tiefe Erkenntnis angemessen belegt ist, sitzen Kolle, 79, und Starke, 70, in einem kuscheligen Kinosaal, erinnern sich nett an die Zeit der Aufklärung und bekommen auf der großen Leinwand nochmal die schönsten Nackten der vergangenen 49 Jahre vorgeführt. Das wird den beiden Onkelchen gefallen haben.

Sex, Tabus und Kalter Krieg - Wie die Deutschen liebten, ZDF, Mittwoch 23.15 Uhr.

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