Süddeutsche Zeitung

Theater:Zitatenschatz

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Der Jugendclub am Hofspielhaus hat mit "Faust Fake Faust!" seine ganz eigene Fassung von Goethes Drama entwickelt

Von Barbara Hordych

Mache Dinge sind so gut, dass man sich wünscht, Goethe könnte sie noch nachträglich in seinen "Faust" einarbeiten: die Ratschläge der "Pick-up-Artists" etwa, die schüchternen Männern beim Ansprechen von Frauen zum Erfolg verhelfen sollen. Hätte die nicht auch der in der Hexenküche mühsam um dreißig Jahre verjüngte Faust gut gebrauchen können, als er Gretchen auf offener Straße nachstieg? Stattdessen übernehmen es nun die Mitglieder des Jugendclubs am Hofspielhaus, besagte Tipps in ihre Produktion "Faust Fake Faust!" zu integrieren, die am Mittwoch, 18. Juli, Premiere hat.

Bei einer der letzten Proben im oberen Stock des Hauses überreicht Mephisto dem unerfahrenen Faust einen "Trainingsplan", den dieser laut vorliest. "Schritt 1: Sag einer fremden Frau auf offener Straße einfach ,Hallo' oder ,Hi', wenn sich ein Gespräch entwickelt - gut. Wenn nicht, auch kein Problem. Mach das jeden Tag einmal. Schritt 2: Sprich eine fremde Frau an und frag' sie etwas. ,Wo ist hier die nächste Post' oder ,Entschuldige, weißt du, wie ich zur Uni (oder irgendeinen anderen Ort) komme'. Sprich zwei Frauen an pro Woche. Schritt 3: Sprich eine fremde Frau an und sag ihr, was du denkst. ,Hey, ich habe dich gesehen und wollte nur sagen, dass du echt hübsch aussiehst' etc. Wenn sich ein Kaffee/Date ergibt, gut, wenn nicht, auch gut. Auch das machst du zweimal die Woche."

Weitere Schritte, das dürfte durch die Gretchen-Tragödie wohl bekannt sein, hatte Goethes Faust auf Freiersfüßen gar nicht nötig. Konnte er doch schon mit seiner ersten galant vorgebrachten Kontaktaufnahme, "Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?" bei dem "süßen jungen Blut" sogleich landen.

Nicht anders verhält es sich bei der Inszenierung von Sebastian Hofmüller und Lucie Mackert, den Leitern des Theater-Jugendclubs, die gemeinsam mit den Darstellern im Alter von 15 bis 19 Jahren eine ganze eigene Fassung von Goethes Drama erarbeitet haben. In der die zentralen Rollen von Gretchen, Faust und Mephistopheles gleich gruppenweise besetzt sind. "Jeder sollte seinen Spielraum bekommen, deshalb gibt es bei uns drei Gretchens, fünf Mephis und fünf Fausts", sagt Hofmüller. Eine Methode, die sehr gut geeignet ist, das Inszenierungskonzept zu transportieren. "Wir haben den Originaltext zwar gekürzt, aber die wesentliche Handlung und die Dialoge beibehalten. Vermischt und ergänzt haben wir sie mit zeitgenössischen Zitaten unterschiedlichster Prominenter, von Britney Spears über Heidi Klum bis hin zu Donald Trump oder auch Yoda aus ,Star Wars'", erklärt Lucie Mackert während einer Probenpause. Für die Zuschauer ergeben sich daraus überraschend komische wie auch nachdenklich stimmende Einsichten. Etwa wenn Fausts Schwärmerei: "Ach, dass die Einfalt, dass die Unschuld nie sich selbst und ihren heil'gen Wert erkennt!", mit den Worten Lauras, einer ehemaligen Kandidatin der Fernsehshow "Germany's Next Top Model", konterkariert wird: "Nur, weil man hübsch ist, heißt das nicht, dass man dumm ist. Man kann auch beides sein."

Das Schicksal von Gretchen, die erst zum Objekt der Begierde und dann fallen gelassen wird, ist denn auch das, was die Darstellerinnen Mara und Martha am Stück am meisten beschäftigt hat. "Das ist zeitlos", sagt Mara. "Das beweisen auch die Aufreißer-Tipps dieser Pick-up-Artists", ergänzt Martha. Mit ihren 14 und 15 Jahren sind sie übrigens genau in dem Alter, in dem das Gretchen im Drama sein soll.

Faust Fake Faust , Mi., 18. Juli, 20 Uhr, Vorstellungen bis 25. Juli, Hofspielhaus, Falkenturmstraße 8.

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SZ vom 18.07.2018
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