Süddeutsche Zeitung

Show:Feministischer Größenwahn

Lesezeit: 2 min

Vereint im Humor: Sargnagel, Rösinger & Bourbon im Volkstheater

Von Anna Steinbauer, München

Eine gefallene Legende ist Denice Bourbon schon nach dem zweiten Auftritt. Nicht etwa, weil die queere Performance-Künstlerin eine schlechte Show mit ihren Kolleginnen Stefanie Sargnagel und Christiane Rösinger abgeliefert hätte, sondern im buchstäblichen Sinne: Auf dem Weg ins Hotel sei da dieser Poller im Weg gestanden, und weil sie "wie ein Teenie" auf ihr Handy gestarrt habe, sei sie darüber gestolpert und "auf die Schnauze" gefallen, erzählt die Wiener Finnland-Schwedin vor der Show in Frankfurt am Telefon. Die Lautsprecherfunktion ist an, die drei Künstlerinnen davor versammelt.

Ironischerweise mache sie sich im Programm über die vielen Phallussymbole in unserer Gesellschaft lustig, und jetzt habe sie derenthalben "eine dicke Nase und eine aufgespritzte Lippe", wie Bourbon in einer Mischung aus Englisch und Deutsch mit ihrem krachenden Lachen verkündet. Diese Mischung aus Selbstironie und kluger Kritik an der Gesellschaft zeichnet die Entertainerin aus, die ein Fixstern am queer-feministischen Stand-up-Comedy-Himmel Wiens ist. Bourbon hat dem oftmals mackerigen Stand-up-Humor den Kampf angesagt, bei dem die Witze meist auf Kosten von Minderheiten gehen und nicht selten rassistischer oder sexistischer Ausprägung sind. 2018 hat die Künstlerin mit ihrem Kollegen Josef Jöchl den ersten politisch korrekten Comedy Club (PCCC*) in Wien gegründet, der im Januar ins Münchner Lustspielhaus kommt. Immer nur nach oben schlagen, nie nach unten treten, das ist ihr Motto.

Zusammen mit der Wiener Kultpoetin und Cartoonistin Stefanie Sargnagel und der Berliner Sängerikone und Autorin Christiane Rösinger tourt Bourbon nun acht Tage lang durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. An diesem Sonntag sind die drei im Münchner Volkstheater zu sehen. Wie es dazu kam, erklärt Sargnagel trocken: "Ich wollte mal mit Denice auf Tour gehen, weil ich nicht gerne allein auf Tour geh. Denice kennen recht viele der Leute, die zu meinen Lesungen kommen, gar nicht, und ich dachte, das könnte denen gut gefallen." Obwohl sich die drei gar nicht so gut kannten, sei schnell klar geworden, dass sie ein super Trio seien, so Bourbon. Ohne sich groß abzusprechen hätten die drei trotz unterschiedlicher Genres viel gemeinsam. In den Worten der einstigen Frontfrau der Lassie Singers Rösinger: "Wir sind ja schon alle sehr ernst in dem, was wir tun. Ich find die anderen nicht so scheiße wie alle anderen." Glucksende Zustimmung. Neben der Digitalpoetin Sargnagel, die zuletzt in ihrem Buch "Statusmeldungen" ihre genial-zynischen Facebook-Posts bündelte, sei Rösinger die Oma, weil sie nicht so Social-Media-geil sei, so die Sängerin. Was die drei außerdem trenne? Prompte Antwort der Musikerin: "Sexualität". Allgemeines Gelächter über den Lautsprecher des Telefons. Bourbon reißt Witze über ihr Leben als Lesbe auf Englisch, Sargnagel sinniert über den Zusammenhang von Bourgeoisie und Burschenschaft, und Rösinger, einst Betreiberin der Berliner Flittchenbar, singt ironische Lieder über Liebe und Wohnungsknappheit. Zum Namen ihrer Show "Legends Of Entertainment" sagt Sargnagel: "Wir wollten was Größenwahnsinniges". Sie hätte erst über "Giants" nachgedacht, das komme aber auf Feminismus nicht so gut. Wie sich der weibliche Humor unterscheide? Einstimmig: "besser". "Wir machen das so nebenher, sagt Rösinger. Wir müssen nicht so blöde Pipi-Kacka-Witze reißen, wir haben tiefgründigeren Humor." Wenn das kein Stoff ist, aus dem Legenden entstehen.

Legends Of Entertainment , Sargnagel, Rösinger & Bourbon, So., 15. Dez., 20 Uhr, Volkstheater

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4722097
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.12.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.