Süddeutsche Zeitung

Rapper Cro über seine Blitzkarriere:"Dann bin ich eben Mainstream"

Lesezeit: 4 Min.

Sein Hit "Easy" brachte Cro nach oben, doch Starallüren merkt man dem Stuttgarter Rapper nicht an. Mit Süddeutsche.de spricht er über deutschen Hip-Hop, zu viel Lockerheit und ob er seine Pandamaske jemals ablegen wird.

Toni Lukic

Noch vor acht Monaten arbeitete Cro als Cartoonist bei der Stuttgarter Zeitung - jetzt spielt er auf ausverkauften Festivals und nähert sich der Marke von einer Million Facebook-Fans. Alles "Easy" so weit. So heißt der Song, der bei den Radiosendern in Dauerschleife läuft und die großen Plattenfirmen aufmerksam werden ließ. Beim gesampelten Laid-back-Sound des Sunny-Klassikers von Bobby Hebb horchte auch die internationale Blogosphäre auf. Seine Unbekümmertheit im Umgang mit Popsymbolen prägt Cros Sound. Er sampelt Indie-Hits von Iggy Pop bis Bloc Party, legt einen Hip-Hop-Beat drunter und holt damit genau jene Kids ab, die bisher nichts mit Hip-Hop anfangen konnten. Die Pandamaske, die er ursprünglich aufsetzte, um von seinem Arbeitgeber nicht erkannt zu werden, und bewusst zurückgehaltene Informationen zu seiner Person tun ihr Übriges für den Cro-Kult. Am 6. Juli erscheint das Album "Raop", eine eingängige Mischung aus Rap und Pop, dem die Musikszene schon jetzt Goldstatus prophezeit.

Cro schaut auf die Tafel und grübelt. "Das gefällt mir noch nicht." Gerade hat er einen Panda mit der Sprechblase Süddeutsche.de gemalt. Sein Tourmanager Steffen schaut nervös auf die Uhr, in einer Stunde beginnt Cros Auftritt auf dem AStA-Sommerfestival in Paderborn. Aber Cro widmet sich seelenruhig seiner Malstunde. Noch ein bisschen Blockschrift und ein paar Noten um das "Ganda Pang"-Anagramm. Cro scheint zufrieden, setzt die Pandamaske auf und lehnt sich gegen die vollbemalte Tafel.

Süddeutsche.de: Erklär mal: Was ist das Geheimnis eines Hits?

Cro: Wenn ich das wüsste, würde ich nur noch Hits schreiben. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und dann mit dem richtigen Ding. Da ist viel Glück dabei.

Süddeutsche.de: Mit deinem Erfolg geht es steil bergauf. War dein Song "Easy" auch nur ein Glückstreffer?

Cro: Ich weiß nicht, warum der Song so groß wurde, das frage ich mich nämlich auch. Schönes Video, schöner Song, dann hat sich das so hochgeschaukelt. Hmm. (zuckt die Schultern). Kein Plan, warum.

Süddeutsche.de: Wie gehst du mit dem Riesentrubel um deine Person um?

Cro: Wenn ich die Pandamaske abnehme, hat sich nichts verändert. Vorhin bin ich mit Maske ins Produktionsbüro gelaufen. Auf dem Weg dahin war die Hölle los. Jeder wollte ein Bild mit mir machen. Dann bin ich ins Büro rein, hab mich kurz umgezogen, bin ohne Maske wieder raus und niemand wollte was von mir.

Süddeutsche.de: Deinen Texten wird zu viel Lockerheit attestiert, anstatt ernstere Themen anzusprechen. Kannst du den Vorwurf nachvollziehen?

Cro: Wer weiß, was kommt. Vielleicht habe ich irgendwann Bock nur noch Schmuselieder zu machen. Aber im Moment ist nun mal alles krass und ich verarbeite das, was ich so erlebe.

Süddeutsche.de: Hipsterblogs wie hypetrak.com feierten dich am Anfang überschwänglich, in letzter Zeit wurden immer mehr Stimmen laut, du seist schon zu Mainstream.

Cro: Die Sache ist ja: Ich mache es nicht zum Mainstream, es passiert einfach. Egal, wie sehr ich mich wehren würde, dass ich "real" oder "Underground" bleibe, ich habe keine Kontrolle darüber. Aber hey, dann bin ich eben Mainstream. Scheiß drauf! Dann verkaufe ich eben mehr als irgendein Blogger, der nur im Jugendheim auftritt.

Süddeutsche.de: Nach dem Release deines "Easy"-Mixtapes kamen alle großen Plattenfirmen auf dich zu, doch du hast alle abgelehnt und bist beim Stuttgarter Indielabel Chimperator geblieben.

Cro: Jede Woche wurde das Angebot krasser und verdoppelt und noch mal verdoppelt, und wir waren bei Summen - da wurde mir echt schlecht. Ich hätte mir die Kohle schnappen und aufhören können. Aber ich hab mich dann gefragt: Warum wollen die jetzt so viel Geld ausgeben, um mich unter Vertrag zu nehmen? Da steckt doch mehr dahinter. Am Ende zocken die uns noch ab. Deswegen bin ich bei Chimperator geblieben, weil wir hier eben unsere eigenen Chefs sind und wir alles machen können, was wir wollen.

Süddeutsche.de: Warum, glaubst du, haben die sich so auf dich gestürzt?

Cro: Na ja, die Majors haben Marteria und Casper (deutsche Rapper, Anm. der Redaktion) verpasst, die zu Four Music gegangen sind. Dann wollten sie eben das nächste Casper-Ding, deswegen haben die sich, glaube ich, so auf mich gestürzt. Jetzt bin ich weg, und nun beißen sie sich wieder in den Arsch.

Süddeutsche.de: Glaubst du, Cro hätte vor der Zeit von Marteria und Casper auch funktioniert?

Cro: Ich glaube schon. Damals war es im Hip-Hop immer dasselbe, eben alles bisschen böser. Die Leute haben schon damals darauf gewartet, dass etwas anderes kommt.

Süddeutsche.de: Hast du Straßenrap endgültig zu Grabe getragen?

Cro: Oh nein. Deutscher Rap soll so bleiben wie er ist. Ich feier manches mehr, manches weniger. Jetzt bin ich einfach dazu gekommen und mache auch irgendeinen Quatsch, und ich hoffe die anderen Rapper kommen auch damit klar.

Süddeutsche.de: Vielleicht nimmt dir Sido ja die Maskerade übel.

Cro: Ich weiß nicht, wie der auf mich reagiert. Ich hatte leider noch nicht die Ehre, mit Sido zu sprechen. Würde ich gerne mal, einfach so, um mir paar Tipps zu holen.

Süddeutsche.de: Im Bezug auf die Maske?

Cro: Genau. Sollte ich sie ablegen, würde ich gerne wissen, wie er das durchlebt hat.

Süddeutsche.de: Hast du Angst davor, die Maske abzulegen?

Cro: Ja. Auf jeden Fall. Das ist wie bei einer Torte, die angeflogen kommt. Ich konnte bisher immer noch die Hände vors Gesicht halten. Aber ohne Maske kann ich wahrscheinlich nicht mehr Kondome im Supermarkt kaufen, ohne dass es irgendwer sofort bei Facebook postet. Aber das passt schon.

(Cros Tourmanager Steffen Posner , der ebenfalls am Tisch sitzt): Mach es einfach wie Herbert Grönemeyer, der wohnt in London. Da kannst du dann auch hinziehen.

Cro: Der verdient doch bestimmt auch 14 Millionen pro Auftritt. Ich bleibe bei Mama.

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