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Promis im US-Wahlkampf:Hey, Umweltschutz ist sexy

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Wenn demnächst Scarlett Johansson anruft, könnte es sein, dass es ihr nur um Ihre Stimme geht. Im US-Wahlkampf positionieren sich Kandidaten mit Stars. Die Glamourmarken.

Andrian Kreye

Wer in Amerika derzeit ins Wahlverzeichnis der Demokraten eingetragen ist, dem kann es passieren, dass sein Telefon klingelt und die Schauspielerin Scarlett Johansson dran ist. Mit ihrer rauchigen Stimme erklärt sie dann eindringlich, dass man unbedingt zu den Vorwahlen gehen und für Barack Obama stimmen soll.

Die Stimme ist zwar nur vom Band, aber sie wirkt. Genauso wie die Internetvideos "Yes We Can" und "We Are The Ones", in denen Stars wie Will.I. Am, Jessica Alba oder Jamie Foxx Obamas Reden als Pop-Hymnen inszenieren.

Auch Hillary Clinton geht mit Stars in den Wahlkampf, mit Madonna zum Beispiel, mit Janet Jackson und Jon Bon Jovi. So manifestiert sich im politischen Defilee der Stars auch der Kulturkampf um die Zukunft der Demokraten. Denn dieser Kulturkampf ist vor allem ein Generationenkonflikt, der zwischen Clintons vierzig- bis sechzigjährigen "Baby Boomers" und Barack Obamas nachfolgenden Generationen X und Y tobt. Deswegen sind die Stars mit einer Deutlichkeit in Lager aufgeteilt wie nie zuvor.

Nun darf man Promis, die sich für den Regenwald, tibetanische Mönche oder potentielle Präsidentschaftskandidaten einsetzen, nicht mit Personen verwechseln. Pop- und Filmstars sind als Name und Gesicht so etwas wie eingetragene Markenzeichen einer kulturellen Strömung. Wer so ein Markenzeichen für sich gewinnt, kann mit dem berühmten Namen und Gesicht einen nonverbalen Slogan erzeugen.

Jetzt ist mal der Weltfrieden dran

Wenn man zum Beispiel Leonardo DiCaprio dazu bringt, bei einem Dokumentarfilm über den Klimawandel den Text zu sprechen, kann man jungen Leuten vermitteln, dass Umweltschutz so richtig sexy ist. Wobei das auch umgekehrt funktioniert, denn wenn sich die Beastie Boys für Tibet engagieren, heißt das nicht unbedingt, dass der Dalai Lama echt cool und lässig ist, sondern dass die Beastie Boys mit Anfang vierzig nicht nur an Parties, Bier und Mädchen, sondern hin und wieder auch an den Weltfrieden denken.

In der amerikanischen Politik war die Rollenverteilung bisher klar. Die Demokraten konnten den Glamour aus Hollywood und aus den Popcharts für sich buchen. Den Republikanern blieben meist nur ein paar abgehalfterte Actionschauspieler und Countrysänger. Mit dem parteiinternen Generationenkonflikt der Demokraten ist die Rolle der Popkultur jedoch ungleich wichtiger geworden. Denn Hillary Clinton hat vielleicht die bekannteren Stars, aber Barack Obama die bessere Botschaft.

Hillarys Riege der älteren Herrschaften signalisiert einen Konsens, der den Status Quo nicht in Frage stellt. Madonna wird dieses Jahr vom Rockmuseum in Cleveland in der "Rock and Roll Hall of Fame" verewigt. Janet Jackson entstammt einer Familie, deren Hitparadenherrschaft bis ins Jahr 1969 zurückreicht. Und auf Bon Jovi können sich selbst Republikaner einigen.

Ganz anders dagegen Barack Obamas Sammelsurium der Jung- und Nachwuchsstars. Die kennt nicht jeder, aber für jeden unter 30 ist einer dabei. Scarlett Johansson für Kunstbeflissene, Jessica Alba für spätpubertierende Jungs, Will.i.am. für die postethnische Modejugend, Ryan Philippe für die Mädchen und eine ganze Reihe hierzulande unbekannter Stars wie John Leguizamo, Kelly Hu oder John Legend stehen für Subkulturen, mit denen man Vielschichtigkeit und Offenheit der amerikanischen Jugend suggeriert. Entschieden wird der Generationenkonflikt am Dienstag bei den Vorwahlen in Texas und Ohio.

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SZ vom 04.03.2008/rus
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