Süddeutsche Zeitung

Berliner Volksbühne:Pollesch zur Volksbühne

Lesezeit: 1 min

Von Peter Laudenbach

Wie der RBB meldet, wird der Regisseur René Pollesch in zwei Jahren die Berliner Volksbühne als Intendant übernehmen. An diesem Mittwoch wird Kultursenator Lederer (Die Linke) Polleschs Ernennung bei einer Pressekonferenz offiziell bekannt geben. Davor wird er, morgens um 11, die Mitarbeiter des Theaters in einer Belegschaftsversammlung über den Wechsel an der Spitze des Hauses informieren. Der Vertrag des Interimsintendanten Klaus Dörr, der die Volksbühne erst vor gut einem Jahr nach dem desaströsen Scheitern der Kurzzeit-Intendanz von Chris Dercon und Marietta Piekenbrock übernommen hat, läuft 2021 aus. Obwohl Dörr mit einem weiteren Vertrag als Geschäftsführender Direktor bis 2023 an die Volksbühne gebunden ist, wird er, wie die SZ erfahren hat, das Haus mit Beginn der Intendanz Polleschs verlassen.

Damit macht er den Weg für einen echten Neubeginn frei. Dörr ist es in der zu Ende gehenden Spielzeit gelungen, das Theater zu stabilisieren, eine eigene Handschrift war indessen nicht erkennbar. Die Stimmung zwischen Intendanz und der selbstbewussten Belegschaft ist angespannt. Nur eine Eigenproduktion, "Der Palast" der argentinischen Chroreografin Constanza Macras, war künstlerisch überzeugend. Es wird erwartet, dass Macras auch unter Pollesch weiter an der Volksbühne arbeiten wird.

Die Berufung Polleschs war allgemein erwartet worden. Es ist kein Geheimnis, dass der Regisseur in den vergangenen Wochen intensiv mit der Kulturverwaltung verhandelt hat. Pollesch war neben Herbert Fritsch und Frank Castorf einer der prägenden Regisseure der mit der Berufung Dercons abgewickelten Castorf-Volksbühne. Zeitweilig leitete er den Prater, die Nebenspielstätte des Theaters am Prenzlauzer Berg. Pollesch ist einer der gefragtesten deutschen Autoren und Regisseure. Als bestens beschäftigter Freiberufler an den größten (und reichsten) Bühnen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz dürfte er derzeit mehr verdienen als künftig als Intendant.

Die Volksbühne wieder zu einem politisch-sozialen Ort zu machen und sich und anderen Künstlern des Hauses damit eine künstlerische Heimat zu organisieren, ist ihm offenbar wichtiger als die Solo-Karriere. Gleichzeitig liegt zwischen dem Beginn seiner Intendanz und dem Ende der Castorf-Jahre so viel Zeit, dass alle Vorwürfe, seine Berufung sei ein Akt der Nostalgie, ins Leere laufen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4483355
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.06.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.