Süddeutsche Zeitung

Neu im Kino:Vom Spargeltarzan zum Superhelden

James Bond lässt in "Spectre" seine Waffen spielen. Im Trickfilm "Ritter Trenk" verhilft ein resolutes Burgfräulein dem kleinen Helden zum Sieg. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Susan Vahabzadeh

Ritter Trenk

Coming-of- Age im Mittelalter: Der kleine Leibeigene Trenk will seinen Vater aus dem Kerker des bösen Ritters Wertold befreien und muss dafür im Eiltempo vom Spargeltarzan zum Ritter werden. Anthony Power hat aus den Kinderbüchern von Kirsten Boie einen erfreulich klassischen Zeichentrickfilm gemacht, in dem ganz unklassisch ein Burgfräulein dem Helden die nötigen Schwertkampfkünste beibringt.

Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte

Seine Werke "Der Richter und sein Henker" oder "Der Besuch der alten Dame" sind Schulpflichtlektüren. Sabine Gisigers Porträt des Schweizer Schriftstellers ist eine begeisterte - und begeisternde - Annäherung an ihn. Anhand von Selbstzeugnissen und Erzählungen von Familienmitgliedern entsteht das Bild eines leidenschaftlichen Denkers und Zweiflers, in dessen Zentrum die Liebe Dürrenmatts zu seiner Frau Lotti steht.

Erich Mielke - Meister der Angst

Dokudrama von Jens Becker und Maarten van der Duin über Stasi-Minister Erich Mielke. Eine Psychologin "untersucht" den alten Mielke nach der Wende im Gefängnis: Die Doktorspielchen sollen dem deutschen Fernsehvolk diese Figur nahebringen. Aber die schauderhafte und lächerlich gespielte Illustration einer Tonspur hätte als Hörspiel völlig gereicht.

Die Hälfte der Stadt

Doku-Erinnerung an den polnisch-jüdischen Fotografen Chaim Berman, der 1890 in Kozienice geboren wurde. Mit wiederentdeckten Fotos, Zeitzeugen und Zeichentrickszenen rekonstruiert Regisseur Pawel Siczek dessen Vergangenheit. Didaktisch bemühte Spurensuche mit wenigen berührenden Momenten.

Harry Me! The Royal Bitch of Buckingham

Die Regisseurinnen Noémie Saglio und Eloïse Lang begleiten die französische Comédienne Camille Cottin nach London, wo sie Prinz Harry sucht, um ihn zu heiraten. Camille provoziert durch Snobismus und schlechtes Benehmen - eine versteckte Kamera filmt die Reaktionen der Umstehenden. Eine Form von Humor, die eher verblüfft als vergnügt.

Das Hotelzimmer

Ein Raum, zwei Personen, eine Nacht. TV-Journalist (Godehard Giese) interviewt erfolgreiche Schriftstellerin (Mina Tander) in deren Hotelzimmer und behauptet, vor zehn Jahren mit ihr an einem tragischen Unfall beteiligt gewesen zu sein. Rudi Gaul setzt sein Kammerspiel als Psychoduell in Gang, dramatisiert es zum inquisitorischen Verhör, und verjuxt es schließlich mit aberwitzigen Storypurzelbäumen.

Spectre

Alles ist eine Frage der Zeit im neuen Bond - der Superagent muss sich mit seiner eigenen Vergangenheit herumschlagen, die Gegenwart widersetzt sich schnellen Lösungsansätzen, und die Zukunft sieht ziemlich finster aus. Sam Mendes hat zum zweiten Mal Daniel Craig als 007 inszeniert, mit Weltschmerz und Action. Das ist zwar unterhaltsam - aber auf eine Art, die nicht besonders stimmungsaufhellend wirkt.

Die Schüler der Madame Anne

Anne Guégen steht vor einer Klasse, in der kaum jemand eine Chance hat, das Abi zu schaffen - und schweißt die Schüler zusammen, indem sie ihnen eine Extra-Aufgabe aufbrummt: Sie nehmen an einem Geschichtswettbewerb teil und müssen ein Projekt über Kinder im Holocaust machen. Eine mitreißende Geschichte, die Marie-Castille Mention-Schaar erzählt - in der aber viele schöne Ideen nur als Vignetten Platz finden: Wie ein muslimischer Junge sich zum Wächter gegen antisemitische Schmierereien entwickelt, und wie ein aufsässiges Mädchen lernt, ihre Aggressionen in einen nützlichen Kampf umzuleiten.

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