Süddeutsche Zeitung

Netz-Depeschen:Dienerin der Zukunft

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Siri heißt Apples Neue. Die Sprachassistentin des iPhone 4S gibt Hilfestellung in vielen Lebenslagen. Echte künstliche Intelligenz ist das noch nicht. Aber vielleicht kommt es darauf gar nicht an.

Niklas Hofmann

Es wurde viel gemosert nach der Vorstellung des iPhone 4S Anfang Oktober. Fans und Journalisten (was oft schwer zu unterscheiden ist) reagierten auf das altbekannte Design enttäuscht. Für die Kunden, das zeigen die Verkaufszahlen, gilt das aber offenbar nicht. Und inzwischen hat auch die eine wirkliche Neuerung, die das Gerät aufweist, ihre eigene Faszination entfaltet.

Die Spracherkennungssoftware Siri, die nun in das Handy integriert ist, funktioniert als eine Art persönlicher Assistent. Sie erlaubt die Steuerung des Telefons über mündliche Anweisungen, übernimmt Internetsuchen und ähnliche Aufgaben, und beantwortet Fragen aller Art. Man kann, kurz gesagt, auch Smalltalk mit ihr betreiben.

Ihren Ursprung hat Siri in einem von Darpa, der Forschungsbehörde des Pentagon finanzierten Projekt mit dem Namen Calo. Das Kürzel lehnte sich an des lateinische Wort für den Trossknecht, oder wie die Entwickler es ausdrückten, den "Diener des Soldaten" an, und verriet schon, dass die Software helfen sollte, im Felde rasche Entscheidungen zu fällen. Aus der Begegnung mit Calos ziviler Tochter Siri hat sich ein so genanntes Mem entwickelt: In einem Blog mit dem Titel "Shit That Siri Says" sammeln Nutzer die geistreichsten, manchmal aber auch verwirrendsten Repliken, die ihnen das Helferlein auf außergewöhnliche Fragen gibt.

So bietet Siri auf das Ansinnen, eine Leiche verstecken zu wollen, nähere Informationen über Sümpfe, Wasserspeicher und Bergwerksstollen an. Natürlich hat Siri selbst keinen Humor, auch keine Gefühle oder Meinungen. Sie schafft nur eine geschickte Illusion von Persönlichkeit. "AI", also Künstliche Intelligenz, ist das noch nicht.

Aber vielleicht ist der Unterschied außer für Informatiker auch gar nicht so wichtig, darauf weist Jon Stokes bei Wired.com hin: "Für uns andere, denen es egal ist, ob Siri ,Absichten' oder ein ,Innenleben' hat, wird der Dienst eine voll funktionsfähige AI sein, die tadellos und angemessen auf eine viel größere Bandbreite an Input reagiert, als ein Einzelner wohl im Laufe einer typischen Interaktion mit ihr je produzieren könnte." Und somit erreicht Siri vielleicht etwas anderes: Uns die Angst vor dem Dialog mit HAL zu nehmen und Türöffner für zukünftige Roboter-Helfer zu sein. Es wäre nicht das erste Mal, dass Apple weniger die Technik als das Sozialverhalten revolutioniert.

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Quelle:
SZ vom 24.10.2011
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