Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Leon "Ndugu" Chancler ist tot

Sein Beat am Anfang von Michael Jacksons "Billy Jean" hat Popgeschichte geschrieben. Im Jazz war er Revolutionär.

Von Andrian Kreye

Fast jeder Bewohner der westlichen Welt hat den Beat schon mal gehört, der das Vermächtnis des am Samstag verstorbenen Schlagzeugers Leon "Ndugu" Chanclers ist: Michael Jacksons "Billy Jean" setzt mit einem Motiv ein, bei dem die Basstrommel die Eins und die Drei, die Snare die Zwei und die Vier schlagen. Niemand hat diese Blaupause des Poprhythmus so unverwechselbar und aggressiv gespielt wie Chancler. Und es ist sicherlich auch ein Beweis für Meisterschaft, dass seine erfolgreichste Zeit genau jene Jahre waren, in denen die Automatisierung seiner Kunst durch die Drumcomputer so vielen seiner Kollegen den Job kostete.

Nach dem epochalen "Thriller"-Album von Jackson spielte er zum Beispiel für Tina Turner, Donna Summer und Lionel Richie. Da hatte er schon eine lange Laufbahn hinter sich, hatte Santana in ihre Pop-Phase katapultiert, Miles Davis live durch die Höllenritte seiner elektrischen Koksjahre begleitet, mit Herbie Hancock, George Duke und Weather Report den Modern Jazz mit den Mitteln des Rock revolutioniert. In der Oberschule hatte er mit ersten Profijobs begonnen. Damals, als man ihn wegen chronischem Auf-die-Bank-Trommelns aus dem Klassenzimmer warf. Nun ist er am Krebs gestorben. Er wurde 65 Jahre alt.

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Quelle:
SZ vom 05.02.2018
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