Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Egon Ammann gestorben

Was er tat, gründete in Leidenschaft. Am Mittwoch dieser Woche ist Egon Ammann, der Enthusiast als unabhängiger Verleger, im Alter von 75 Jahren gestorben.

Von Thomas Steinfeld

Unter den Verlegern deutscher Sprache war er der kühnste: Egon Ammann aus Zürich. Er kam selber in die Redaktion, wenn es neue Bücher anzupreisen galt, und er tat es in so vereinnahmend begeisterter Weise, dass man am Ende stets versprochen hatte, sich um jedes einzelne Werk ganz besonders zu kümmern. Und nicht nur mit Kritikern ging Egon Ammann so um: Sein Verlag war, bei allem Bewusstsein für literarische Qualität, auf Enthusiasmus gebaut: Anderenfalls hätte es die Gesamtausgaben zu Fernando Pessoa und Ossip Mandelstam, die schönen Ausgaben der Gedichte Les Murrays und Swetlana Geiers Neuübersetzungen der Romane Dostojewskis nicht gegeben. Erstaunliche dreißig Jahre lang, von 1981 bis 2010, gab es den Egon Ammann Verlag. Dort erschienen die ersten Bücher Thomas Hürlimanns, Navid Kermanis und Julia Francks, dort waren Ismail Kadare, Richard Powers und Matthias Zschokke zu Hause. Und auf den Weg gebracht hatte Egon Ammann am Ende auch solche Riesenwerke wie Kurt Flaschs Neuübersetzung der "Göttlichen Komödie" Dantes und Moshe Kahns Übertragung des "Horcynus Orca", des Jahrhundertwerks des sizilianischen Schriftstellers Stefano d'Arrigo, Bücher also, die nach dem Ende des Ammann Verlags bei S. Fischer erschienen. Am Mittwoch dieser Woche ist Egon Ammann, der Enthusiast als unabhängiger Verleger, im Alter von 75 Jahren gestorben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3624738
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.08.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.