Süddeutsche Zeitung

Musical:Das Glück ist ein Kobold

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Die Uraufführung von "Pumuckl" am Gärtnerplatztheater

Von Susanne Hermanski, München

Hurra, der Pumuckl ist wieder da! In neuem Gewand. Keine Sorge, er trägt noch quietschgelbes Leibchen und grasgrüne Hose zu seinem roten Schopf, aber jetzt ist der kleine Kobold ein großer Musical-Star. Dazu gemacht haben ihn Komponist Franz Wittenbrink und Librettistin Anne X. Weber. Sie hatten vom Gärtnerplatztheater den Auftrag erhalten, die seit Generationen geliebte Vorlage von Ellis Kaut zu vertonen.

Das Ergebnis ist toll, balanciert es doch fröhlich auf schwindelerregend wackeligem Seil: Musikalisch kindgerecht und für Erwachsene geeignet, textlich relativ werktreu, nicht modisch, aber auch nicht altbacken sollte es sein. Und es ist gelungen: Wittenbrink hat musikalische Späßchen eingebaut - etwa Anklänge an die Barockoper und Bayerns Blasmusik. Weber lässt Meister Eders Stammtischfreund diagnostizieren, warum der plötzlich Kobolde siehe: "Du hast einen Burn-out"? Oder einen "Birn-out", wie der Pumuckl das nennt.

Die vertrackteste Aufgabe war wohl, einen Pumuckl mit der unverwechselbaren Kinder-Kreissägen-Stimme Marke Hans Clarin unter den Sängern zu finden: Benjamin Oeser, die Premierenbesetzung, tut das unfassbar gut und rettet die freche Sprechstimme sogar in die vielen Gesangsparts hinüber. Ganz ohne Musical-Schmiere, die ihm freilich auch Wittenbrink und der musikalische Leiter Andreas Kowalewitz ersparen. Den Meister Eder singt Ferdinand Dörfler. Er gibt damit sein Debüt am Gärtnerplatz: warmherzig, solide, sonor bayerisch, gerade so, wie es ein Eder sein muss. Marianne Sägebrecht wirkt bei ihrem Gastauftritt glaubhaft überfordert als Lehrerin des frech-fröhlich-fitten Kinderchors. Jedes ihrer Schulkinder steckt dabei in seinem eigenen, individuellen Pumuckl-Outfit, das ebenso bunt ist, doch ganz eigene Farben besitzt (Kostüme: Tanja Hoffmann).

Regisseurin Nicole Weber setzt die Drehbühne, die Karl Fehringer und Judith Leikauf konzipiert haben, routiniert ein. Sie will offenbar, dass auch kleine Kinder folgen können, und hält die Sache ruhig, wenn im Handumdrehen von der Werkstatt in die Wirtschaft und ins Schloss gewechselt wird. In den Details könnte das Bühnenbild trotzdem liebevoller sein; "Tschitt Tschitti Bäng-Bäng" hat Gärtnerplatzfans verwöhnt, und Eders Werkstatt riecht leider nach Ikea. Doch am Ende dreht sich Pumuckls Welt dann herrlich in den Abendhimmel über Münchens Silhouette, und der leuchtet grün, gelb und rot.

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Quelle:
SZ vom 21.04.2018
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