Süddeutsche Zeitung

Florenz:Michelangelos Versteck

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Aus Furcht vor der Rache der Medici verbrachte der Künstler zwei Monate in einem Keller in Florenz. Besucher können ihn nun erstmals betreten.

In den berühmten Medici-Grabkapellen in Florenz wird ein lange Zeit verborgenes vermeintliches Versteck von Michelangelo künftig für die Besucher zugänglich sein. Der Renaissancekünstler (1475-1564) soll sich in dem geheimen Zimmer im Jahr 1530 für zwei Monate aufgehalten haben, um sich der Rache der mächtigen Medici-Familie zu entziehen. An den Wänden befinden sich feine Kohleskizzen, die Michelangelo zugeschrieben werden, sagte die Direktorin des Bargello-Museums, Paola D'Agostino, am Dienstag.

Der kleine Raum - zehn Meter lang, drei Meter breit und zweieinhalb Meter hoch - wurde 1975 zufällig entdeckt, als der damalige Betreiber der Grabkapellen an der florentinischen Kirche San Lorenzo, Paolo Dal Poggetto, einen weiteren Ausgang für die Besucher suchte. Zuvor sei der Raum als Kohlelager benutzt worden, so D'Agostino weiter. Unter zwei Schichten Putz fanden die Restauratoren dann die Kohleskizzen.

Nur jeweils vier Besucher zur selben Zeit dürfen das "geheime Michelangelo-Zimmer" vom 15. November an besuchen.

Die Medici-Grabkapellen, in denen sich auch zahlreiche Skulpturen von Michelangelo befinden, sind bei Touristen beliebt. In ihnen sind die Angehörigen der Herrscherfamilie Medici beigesetzt. Die Bankiersfamilie herrschte über drei Jahrhunderte in Florenz, ihre Paläste und Kunstschätze prägen die Stadt noch heute.

Zunächst hatte die Familie Michelangelo gefördert. Papst Clemens VII. - selbst ein Medici - beauftragte ihn mit Kunstwerken. Aber der Künstler fiel 1527 bei den Medici in Ungnade. Im Zuge eines Aufstands, der die Herrscherfamilie ins Exil trieb, verriet er seine früheren Patrone und verbündete sich mit ihren Gegnern.

Als die Familie einige Jahre später wieder an die Macht kam, fürchtete der Künstler um sein Leben, versteckte sich in dem Raum und plante mit seinen Wandskizzen neue Werke. Als Michelangelo wieder in Freiheit war, stellte sich heraus, dass er nichts zu befürchten hatte.

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