Süddeutsche Zeitung

Metropolitan Museum of Art in New York:Schwergewichtig und gleichzeitig so schwerelos

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Von Peter Richter

Wenn mit Wucht und Witz Intelligenz und Eleganz zusammenkommen in der Kunst, dann ist es zur Zeit nie ganz unwahrscheinlich, dass auf dem Namensschild Alicja Kwade steht. Jetzt hat die junge polnisch-deutsche Künstlerin aus Berlin die prestigeträchtige Aufgabe gehabt, die Dachterrasse des Metropolitan Museum in New York für diese Sommersaison zu bestücken. Und so überzeugend wie sie hat das vielleicht noch niemand hinbekommen. Und so schwergewichtig. Und gleichzeitig so schwerelos. Immerhin werden da große Kugeln aus massivem Gestein von einem metallenen Gestell mit einer Leichtigkeit in der Luft gehalten, als wären es ein paar Dim Sum zwischen geschickt gehaltenen Chop Sticks. Die Kuratorinnen der Installation fühlen sich eher an Planeten erinnert, an eine kleine Galaxie auf dem Dach des Metropolitan Museums. Und dem ist gerade an diesem Ort natürlich ebenfalls unbedingt zuzustimmen, dessen Sammlungen exakt 5234 Jahre tief in die Geschichte der Menschheit bohren. Denn ungefähr so alt dürften auch die Idee sein, dass das Große da draußen sich im Kleinen auf Erden spiegelt, der Makrokosmos im Mikrokosmos. Und bevor die Menschen darauf kamen, dass sie auf so einem steinernen Kwade-Ball, nur in groß, durch den Weltraum kreiseln, hatten sie sich immerhin schon ihr Universum als Kugel vorgestellt. Bestimmt fände man hier in der Antikenabteilung den einen oder anderen Herkules, der sie auf den Schultern trägt, oder einen Atlas, der ja eigentlich dafür zuständig war. So etwas nun über der Silhouette von Manhattan zu sehen, ist schon wegen der Assoziationskette "Kapitalismus - Kapitalismus-Sirene Ayn Rand - Rands Buch ,Atlas Shrugged'" von besonderem Reiz.

Wenn man nämlich aus dem richtigen Winkel schaut, sitzen Kwades Steinkugeln auf den arroganten Hochhausnadeln südlich des Central Parks wie der berühmte Punkt auf dem i. Und so bleibt das jetzt bis Ende Oktober.

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Quelle:
SZ vom 20.04.2019
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