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Literatur:Dramatiker Ferdinand Schmalz bekommt den Bachmann-Preis

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Es gibt wenige Gelegenheiten, an denen öffentlich so kontrovers über Literatur diskutiert wird, wie bei den "Tagen der deutschsprachigen Literatur" in Klagenfurt. Seit 1977 treten hier Autoren und Autorinnen vors Publikum, lesen ihren Text und warten dann bange auf das Urteil der Jury. Eine Art Castingshow der Literatur also - zwar mit fundierteren Kommentaren als ein Dieter Bohlen sie abgeben würde, aber zuweilen in einem ähnlich scharfen Ton (lange Zeit saß Marcel Reich-Ranicki in der Jury).

"Großartig gezeichnete Figuren"

In diesem Jahr gewann nun der Österreicher Ferdinand Schmalz das große Wettlesen. Ihm verlieh die Jury den mit 25 000 Euro dotierten Ingeborg-Bachmann-Preis. Der 1985 geborene Theaterwissenschaftler, der als Kunstfigur auftritt und mit bürgerlichem Namen Matthias Schweiger heißt, überzeugte die Jury mit seinem inbrünstig vorgetragenen Text "mein lieblingstier heißt winter". Das in Kleinbuchstaben geschriebene Stück dreht sich um den geplanten Suizid eines krebskranken Mannes, seine Vorliebe für gefrorenes Rehragout und die ungewöhnliche Bitte an seinen Tiefkühlkost-Lieferanten. Der Autor habe ein "feines Gespür für jene Leerstellen, in denen das Geheimnis ruht", so die Laudatorin Sandra Kegel. Schmalz' Texte stünden für "großartig gezeichnete Figuren", die skurril und doch vertraut daherkämen.

Für seine Arbeit am Theater wurde Schmalz schon mehrfach ausgezeichnet. Das Stück "am beispiel der butter" gewann er den Retzhofer Dramapreis. 2014 wurde Schmalz von der Zeitschrift "Theater heute" zum Nachwuchsautor des Jahres gewählt. Das Stück "dosenfleisch" wurde im Jahr darauf zur Eröffnung der Autorentheatertage am Deutschen Theater Berlin in einer Inszenierung des Wiener Burgtheaters uraufgeführt, "der thermale widerstand" war für den diesjährigen Mülheimer Dramatikerpreis nominiert.

Neben dem Hauptpreis gab es in diesem Jahr den neu gestifteten Preis des Deutschlandfunks, der mit 12 500 Euro dotiert ist. Ihn erhielt der amerikanisch-österreichische Schriftsteller John Wray. Den Kelag-Preis, mit einem Preisgeld von 10 000 Euro, gewann der deutsche Autor Eckhart Nickel. Die Schweizerin Gianna Molinari erhielt den 3sat-Preis (7500 Euro), die Österreicherin Karin Peschka den Publikumspreis (7000 Euro).

Die "Tagen der deutschsprachigen Literatur" erinnern an die Autorin Ingeborg Bachmann, die aus Klagenfurt stammte. Im vergangenen Jahr hatte die in Berlin lebende Autorin Sharon Dodua Otoo den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen.

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