Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Glauben im Klang

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Die Capella Sollertia mit Barockmusik in St. Stephan

Von David Renke, München

Der geneigte Freund der alten Musik in authentischer Aufmachung hat es in München nicht leicht. Sicher, Weihnachtsoratorium und die entsprechenden Passionen gehören zum festen Repertoire im Münchner Konzertkalender. Aber über die Arbeit der Accademia di Monaco oder die Aboreihe der Akademie für Alte Musik Berlin, geht die Liebe zum Barock des hiesigen Kulturbetriebs eigentlich selten hinaus.

Die Konzertreihe "Cantate um 1715" in St. Stephan am Südfriedhof sorgt jetzt für neuen Schwung in der Szene. Dort gibt es seit Dezember jeden Monat Bachkantaten im historischen Gewand. Diesen Samstag standen mit "Ich gehe und suche mit Verlangen" und "Liebster Jesu, mein Verlagen" die Kantaten Nummer 49 und 32 auf dem Programm und rahmten weitere Werke von Telemann und Johann Crüger. Angelehnt an die liturgische Tradition stecken darüberhinaus Lesungen den thematischen Rahmen des Konzerts ab. In diesem Fall der Dialog zwischen Jesus und der gläubigen Seele. Schauspieler Johannes Silberschneider trug die Texte aus dem Evangelium nach Lukas sowie des Theologen Wilhelm Willms bisweilen etwas nuschelig vor. Da überzeugte das Musikalische doch deutlich mehr.

Mit berauschender Kraft tönte bereits die Sinfonia der 49. Kantate zum Auftakt des Programms. Johanna Soller dirigierte die Capella Sollertia von der Truhenorgel aus und wählte auch in der Folge kluge, ausgewogene Tempi. Sopranistin Anna-Lena Elbert und Bass Stephan Myrus sangen die Arien und Rezitative subtil, aber klangvoll schön. Für die Choräle erweiterte Soller ihr Solistenduo lediglich zum Solistenquartett - im kleinen Kirchenraum die richtige Entscheidung, vor allem wenn das Ergebnis so wunderbar ausbalanciert wie hier ist. Und spätestens wenn Saskia Fikentscher mit der Barockoboe in ausgesungenen Linien in der Arie "Liebster Jesu, mein Verlangen" in Dialog mit Elbert tritt, war das klagend schön und betörend verführerisch zugleich.

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Quelle:
SZ vom 14.01.2020
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