Süddeutsche Zeitung

Kunstmarkt:Der Mann mit zu vielen Hüten

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War er nun Kunstvermittler oder Kunsthändler? Die Ermittlungen gegen Yves Bouvier, den Besitzer der Genfer Kunstspedition Natural Le Coultre und zweier Zollfreilager, lähmen dessen Geschäfte.

Die Affäre um Yves Bouvier, den Besitzer der Genfer Kunstspedition Natural Le Coultre und der Zollfreilager in Singapur und Luxemburg, lähmt dessen Firmenimperium immer mehr. Laut einer Meldung der Pariser "Art Media Agency" soll Bouvier schon am 2. April die Leitung des Luxemburger Freeports niedergelegt haben. Bouviers Genfer Anwalt David Bitton sagte der Zeitung Tribune de Genève, sein Klient habe wegen des Zeitaufwands für seine Verteidigung "nicht mehr die Möglichkeit, die Führung des Luxemburger Freeports zu behalten".

Gegen Bouvier läuft auf Betreiben des russischen Milliardärs Dmitri Rybolowlew ein Verfahren wegen Betrugs und Beihilfe zur Geldwäsche (SZ vom 10. März). Es geht dabei vor allem um zwei gewaltige Kunst-Deals: Rybolowlew kaufte über Bouvier ein Gemälde von Modigliani und eines von Leonardo da Vinci zu Preisen, die um zweistellige Millionenbeträge über denen lagen, die die Vorbesitzer erhielten. Die Differenz soll Bouvier selbst behalten haben. Letztlich geht es um die Frage, ob Bouvier als Vermittler auftrat wie Rybolowlew sagt; oder ob er, wie Bouvier selbst behauptet, als Händler fungierte. In diesem Fall hindert ihn nichts daran, ein Bild zu kaufen und zu jedem beliebigen Preis weiterzuverkaufen.

Immer offensichtlicher wird, dass Bouvier wohl oft selbst nicht mehr wusste, welchen Hut er gerade trug. Bouvier ist an Dutzenden von Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, den USA, Singapur, Hongkong und den Virgin Islands beteiligt. Manche berühren seine Kunst-Aktivitäten nicht, darunter die Firma Sin Thirst Sin, gegründet mit einem Kapital von 100 Dollar, die Energiedrinks herstellt, oder Agro88, die irgendetwas mit biologischer Landwirtschaft zu tun hat. Andere lassen auf ein undurchdringliches Netz von Interessenskonflikten schließen: Außer an den Freeports und der Spedition ist er unter anderem beteiligt an der Pariser Galerie Gradiva, an der Pinacothèque de Paris, einem Museum, das im Mai in Singapur eröffnet wird, an Kunstmessen und an Holdings mit ominösen Titeln wie "Furniture and Fine Art Investors" oder "East Coast Investors in Art". Zumindest in Hongkong und Singapur liegen seine Geschäfte allerdings seit Wochen brach. Die Behörden haben dort seine Konten eingefroren.

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SZ vom 18.04.2015 / jhl
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