Süddeutsche Zeitung

Bayerische Kunstförderung:Mehr Bayern zeigen

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Neue Förderrichtlinien für Kunstprojekte besagen: Geld soll es künftig nur noch für bayerische Künstler geben.

Von Catrin Lorch

Das Land Bayern wird künftig nur noch Kunstprojekte der Freien Szene fördern, wenn diese "in Bayern wirkenden bildenden Künstlerinnen und Künstlern" zu mehr Sichtbarkeit verhelfen. So steht es in den jüngst veröffentlichten Richtlinien zur Vergabe von Zuwendungen für Ausstellungen, Symposien und Kunst im öffentlichen Raum. Sogar den Zuschuss für Debütanten-Kataloge sollen nur noch bayerische Künstler erhalten, die ihren "ersten Wohnsitz seit mindestens zwei Jahren in Bayern haben oder ihre künstlerische Ausbildung in Bayern abgeschlossen haben".

Die Verengung auf die Pflege lokaler Künstler wird im von Bernd Sibler geführten Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auf Anfrage der SZ damit begründet, dass es eigentlich Aufgabe der Kommunen sei, ein nationales und internationales Ausstellungsprogramm zu fördern. Bianca Preis, Sprecherin des Ministeriums, teilt mit, es sei "verfassungsmäßige Aufgabe des Freistaats", "Mittel zur Unterstützung bayerischer Künstlerinnen und Künstler bereitzustellen". Man wünsche sich "lediglich eine stärkere Einbindung von bayerischen Künstlerinnen und Künstlern".

Vor allem kleinere bayerischer Kunstvereine dürften die Richtlinien hart treffen

Von der Veränderung betroffen sind vor allem Kunstvereine. Sie fürchten, der Ansatz könne wegweisend sein für die künftige Kulturpolitik, die sich in der Krise als Erstes vom internationalen Anspruch, von der Vernetzung und Verbindung über Landesgrenzen hinweg verabschiedet. "Gerade in diesen Zeiten, wo coronabedingt öffentliche Fördermittel knapp sind, sind wir mehr denn je auf jegliche Unterstützung angewiesen", sagt Maurin Dietrich, Direktorin des Münchner Kunstvereins. Das Haus am Hofgarten genießt - auch international - einen hervorragenden Ruf: dort fanden Ausstellungen von Künstlern wie Richard Tuttle, Liam Gillick oder Jos de Gruyter & Harald Thys statt, die inzwischen in die Kunstgeschichte eingegangen sind. Maurin Dietrich begann ihr Programm in München im vergangenen Jahr mit einer Ausstellung der amerikanischen Künstlerin Diamond Stingily und sagt, sie habe in der Tradition ihres Hauses stehend ihr "Programm für die nächsten Jahre als Zusammenspiel und wechselseitigen Austausch zwischen in Bayern arbeitenden sowie im Ausland lebenden Künstlerinnen geplant".

Dietrich fürchtet zudem nicht nur um die Arbeitsmöglichkeiten ihres vergleichsweise großen Kunstvereins - sondern vor allem auch um den Bestand kleinerer Kunstvereine. Diese sind stärker von den Fördermitteln des Landes abhängig, die einen Großteils ihres Etats ausmachen. Grundsätzlich stellt sich jetzt die Frage nach den Zielen der bayerischen Kunstförderung. Denn wer sich vorsätzlich vom internationalen Austausch verabschiedet, schadet der Szene in Bayern womöglich mehr, als er den bayerischen Künstlern nutzt.

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