Süddeutsche Zeitung

Kunst:Zum Tod des Malers Rolf-Gunter Dienst

In den Sechzigern setzte der Künstler farbige Formen und Flächen wie Kraftpakete auf die Leinwand. Spätere Werke erinnern an Kalligraphie.

Von GOTTFRIED KNAPP

Kaum ein deutscher Maler hat der Fläche, dem zweidimensionalen Raum, mehr Aufmerksamkeit gewidmet und mehr Leben abgewonnen als Rolf-Gunter Dienst. Man kann, was er gemalt und mit witzig-poetischen Titeln versehen hat, in die Nähe der Op Art rücken, kommt seinem kalligrafischen Mal- und Zeichen-Duktus mit dem Wort skriptural aber noch näher. In den Sechzigern ließ Dienst, die amerikanischen Zeitgenossen paraphrasierend, noch einheitlich eingefärbte, organisch gekurvte Formen auf den Flächen wie Kraftpakete gegeneinander antreten. Bald aber hat er die farbigen Randleisten dieser polypenhaften Formen flachgebügelt, also nur noch gerade Farbstreifen addierend über- oder nebeneinander gesetzt. Wie bei Günter Fruhtrunk wurde das Zusammenspiel bestimmter Farben im geometrischen Raster zum Faszinosum.

In der Folgezeit ist dann ein zweiter Impuls immer wichtiger geworden für Diensts bildnerisches Schaffen. Der Mann, der über Kunst auch sehr klug schreiben konnte, als Kritiker Verdienste hatte und jahrzehntelang Redakteur der Zeitschrift Das Kunstwerk war, konnte winzige, selbst aus der Nähe kaum erkennbare skripturale Kürzel so auf einheitlich weißen oder farbigen Leinwänden oder Papierbögen in Zeilen aufreihen, dass die auf den ersten Blick nackten Flächen unter Strom gesetzt wurden und aufregend zu vibrieren begannen. Am 15. März ist Rolf-Gunter Dienst im Alter von 73 Jahren in Berlin gestorben.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2016
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