Süddeutsche Zeitung

Kunst und Politik:Leider sehr zweifelhaft

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Luanda Leaks: Die Rolle des Kunstmäzens Sindika Dokolo, der auch die Dokumenta 14 unterstützte, erweist sich als sehr problematisch.

Von Jörg Häntzschel

Sindika Dokolo half, die Kunstwelt vielfältiger und weniger eurozentrisch zu machen. So sahen es viele in der Kunstwelt, und nicht nur in der afrikanischen. Der schwerreiche, aus dem Kongo stammende Unternehmer und Ehemann von Isabel dos Santos, Milliardärin und Tochter des früheren angolanischen Präsidenten, besaß - mit angeblich 5000 Werken - eine der größten privaten Sammlungen afrikanischer Kunst. Vor allem aber schätzte man ihn für sein Mäzenatentum. Er unterstützte Ausstellungen, Zeitschriften, Festivals.

Damit ist es nun wohl vorbei. Bereits Ende Dezember wurden die Konten des Paars eingefroren. Und seit Anfang der Woche die SZ und viele andere Zeitungen unter dem Titel "Luanda Leaks" Enthüllungen aus dem Aktenkonvolut eines Whistleblowers veröffentlichten, das vom Investigativ-Verbund ICIJ ausgewertet wird, erfährt man in immer neuen Details, wie dos Santos und Dokolo sich auf Kosten des angolanischen Staats und seiner Bürger bereichert haben.

Die öffentliche Prasserei des Paars und der Nepotismus, dank dessen dos Santos 2016 Chefin des staatlichen angolanischen Ölkonzerns Sonangol wurde, hätten schon vor Jahren misstrauisch machen müssen. Doch solange Dokolo auch anspruchsvolle Kulturprojekte möglich machte, sah keiner so genau hin.

Noch im letzten Sommer zeigte das Brüsseler Kunstzentrum Bozar die Ausstellung "Incarnations", die, bestückt aus Dokolos Sammlung, das afrikanische Kulturerbe aus afrikanischer Sicht interpretierte - ein Gegenentwurf zu den ethnologischen Ausstellungen des Westens. Auch die Londoner Messe 1-54 für afrikanische Kunst hat Dokolo unterstützt. Seinen prominentesten Auftritt als Mäzen hatte er 2017 auf der Documenta. Er finanzierte mehrere Werke afrikanischer Künstler, darunter auch den Obelisk von Olu Oguibe.

Kuratoren und andere, die von Dokolos Philanthropie profitierten, distanzierten sich in den letzten Tagen nur zögernd von dem Mann, den sie alle als aufrichtig engagiert und kundig beschreiben. Der Zeitschrift Monopol sagte etwa der Ex-Documenta-Leiter Adam Szymczyk: "Als die Sindika Dokolo Foundation die Förderung für die Documenta 14 bereitstellte, waren wir uns derartiger potenzieller Probleme (...) nicht bewusst." Wie wichtig heute die Frage nach der Herkunft privaten Geldes in der Kultur geworden ist, das zeigen die Proteste gegen BP und die Sackler-Familie. Mit dem Fall Dokolo wird die Sensibilität noch zunehmen.

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Quelle:
SZ vom 25.01.2020
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