Süddeutsche Zeitung

Kunst:Peter Doig gewinnt

Nur, weil er Briefe aus seiner Schulzeit nicht weggeschmissen hat, gewann der Künstler Peter Doig nun einen Prozess in Chicago. Der Kläger hatte behauptet, Doig hätte als Jugendlicher ein bestimmtes Bild gemalt. Was nicht stimmt.

Von Kia Vahland

Weh dem, der die schriftlichen Überbleibsel seiner Kindheit beim Umzug wegschmeißt: die frühen Tagebücher, die Schulhefte, das Poesiealbum aus der Präcomputerzeit. Der Maler Peter Doig hat alles aufgehoben, und nur deshalb hat er jetzt einige Millionen Dollar gespart. Denn Doig konnte vor einem Gericht in Chicago nachweisen, dass er als Jugendlicher nicht in einem Gefängnis im kanadischen Thunder Bay inhaftiert war und demnach nicht der Schöpfer eines Landschaftsgemäldes ist, das ein früherer Gefängniswärter damals dort für 100 Dollar erstand. Gemeinsam mit einem Kunsthändler hatte der Bildbesitzer von Doig Schadensersatz gefordert, weil der Künstler partout bestritt, das Bild gemalt zu haben. Dabei hätte man es bleiben lassen können, doch der Richter wollte es genau wissen und ließ sich die Arbeitszeugnisse von Doigs ersten Ferienjobs vorlegen und die alten Briefe, in denen seine Mutter über eine Theateraufführung des jugendlichen Sohnes schwärmt. Jeder Skiausflug aus den Siebzigern wurde herangezogen in dem Verfahren - und das, obwohl das Bild keine Ähnlichkeit hat mit Doigs deutlich subtileren Kompositionen, die zudem nicht in Acryl, sondern in Öl gemalt sind. Nun muss sich zeigen, ob Künstler sich künftig ständig rechtfertigen müssen für Werke fremder Leute - oder ob die Absurdität dieses Prozesses, den Doig nun gewann, einzigartig bleibt.

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Quelle:
SZ vom 25.08.2016
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