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Klassische Musik:Thielemann gegen Bachler

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Kommt Bachler, geht Thielemann? Oder setzt sich der Dirigent gegen den Kulturmanager durch? Rund um die Salzburger Osterfestspiele gibt es eine unübersichtliche Personaldebatte, in der es vor allem um eines geht: Macht.

Von Ekaterina Kel

Christian Thielemann, Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden und künstlerischer Leiter der Salzburger Osterfestspiele, steht seit diesem Wochenende im Zentrum einer Personaldebatte. Wie die Salzburger Nachrichten am vergangenen Freitag veröffentlichten, weigerte sich Thielemann, den designierten geschäftsführenden Intendanten der Osterfestspiele Salzburg, Nikolaus Bachler, neben sich zu akzeptieren und drohte mit Rücktritt. Diesen Montag wiederum hieß es, die Salzburger Landesregierung halte an der Personalie Bachler fest. Thielemann sei der Regierung zufolge doch einverstanden. "Wir werden das schon stemmen", soll er laut Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) gesagt haben. Für dieses plötzlich affirmative Zitat Thielemanns gibt es allerdings keine andere Quelle. Der Maestro selbst will sich zu all dem nicht öffentlich äußern. Auch Bachler hält sich bedeckt.

Bei den Salzburger Osterfestspielen herrscht nun Ungewissheit: Es stimme beides, heißt es von der Presseabteilung, dass für Thielemann eine Zusammenarbeit mit Bachler nicht in Betracht kommt und dass die Politik weiterhin an Bachler festhält. "Wir wissen selbst nicht, was jetzt passiert", sagt Martin Riegler von der Presseabteilung des Festivals.

Mitte September hatte der Aufsichtsrat des Salzburger Klassikfestivals bekanntgegeben, dass Nikolaus Bachler, im Moment Intendant der Bayerischen Staatsoper, ab 1. Juli 2020 kaufmännischer Geschäftsführer sein wird und ab der Saison 2022 die Intendanz des Festivals übernehmen wird. Damit soll er die Nachfolge von Peter Ruzicka antreten, der noch bis Ende Juni 2020 geschäftsführender Intendant ist. Spätestens bei der offiziellen Verkündung muss sich Christian Thielemann übergangen gefühlt haben, denn schon im August schrieb er folgende Sätze an die Aufsichtsratsvorsitzende Sarah Wedl-Wilson: "Mit Herrn Bachler wird es nichts. Wenn die Politiker ihn wollen, muss ich gehen." So zitieren ihn die Salzburger Nachrichten, die diese Zeilen neben anderen ähnlichen Zitaten publik gemacht haben. Sie lesen sich als eindeutige Ablehnung Bachlers, der in Zukunft neben Thielemann künstlerische Entscheidungsmacht bei den Salzburger Osterfestspielen haben soll.

Noch widersprechen sich die Verlautbarungen. Nur eines ist sicher - es gibt Streit

Nach Auskunft von Pressesprecher Riegler, müssten Bachler und Thielemann ab 2022 gemeinsam über Besetzung und Spielplan entscheiden. Thielemann habe sich an Bachler "herangetastet" und festgestellt, dass das wohl "nicht gut funktionieren" werde. So schrieb er denn auch im August an Bachler selbst, dass es "für eine solche Kooperation" an "unabdingbarem persönlichem Vertrauensverhältnis" fehle. "Weder kann dies von Ihnen erwartet werden noch möchte ich in die Lage versetzt sein, Ihnen fachliche Weisungen erteilen zu müssen", schrieb er weiter.

Das hat nun Landeshauptmann Haslauer dementiert. "Es wird ein starkes Duo: Thielemann und Bachler", sagte er vergangene Woche. "Sie fühlen sich wohl und glücklich.". Gute Miene zum bösen Spiel? Laut Haslauers Büro sei Bachler der richtige Mann für die Stelle und man halte daran fest, mit ihm einen Vertrag abzuschließen. "Diese Entscheidung ist gefallen. Da wird nichts mehr aufgeschnürt", heißt es.

Thielemanns Vertrag geht vorerst noch bis 2021. Die Zeitung Die Welt schrieb am Montag, der Kulturmanager Bachler könnte ein Interesse daran haben, Thielemann gehen zu sehen, um Kirill Petrenko nach Salzburg zu holen und mit ihm die Berliner Philharmoniker für das Festival zurückzuholen, das ursprünglich von Herbert von Karajan für eben dieses Orchester gegründet wurde. Dies bezeichnete Riegler von den Osterfestspielen als "Spekulationen", zu denen man sich auch gar nicht äußern möchte. Zumal die Berliner Philharmoniker bei den Osterfestspielen in Baden-Baden verpflichtet sind.

Druck von Thielemann auf die Zuständigen kennt man schon aus Dresden. 2014 konnte er sich durchsetzen: Sachsens Kunstministerin ließ damals von dem designierten Intendant Serge Dorny wieder ab und Thielemann musste seine Macht nicht teilen. In Salzburg könnte es dieses Mal anders aussehen.

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Quelle:
SZ vom 13.11.2018
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