Gurlitts Anwalt zu Kunstfund von Schwabing:"Museen haben Hausaufgaben nicht gemacht"
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Seit dem Bekanntwerden des Schwabinger Kunstfundes im November hat man von Cornelius Gurlitt kaum mehr gehört als hilflosen Protest. Doch nun spricht sein Anwalt Hannes Hartung. Der wirft Öffentlichkeit und Justiz Scheinheiligkeit vor. Ein Gespräch über Persönlichkeitsrechte und das Problem der Raubkunst.
Von Jörg Häntzschel
Seit dem Schwabinger Kunstfund hat man von Cornelius Gurlitt wenig mehr gehört als verzweifelten Protest gegen die Beschlagnahme seiner Sammlung. Nun hat er sich über Hannes Hartung, einen der Anwälte, die ihn seit Jahresbeginn vertreten, zu Wort gemeldet.
Hartung hatte am Dienstag erklärt, Gurlitt sei zu Gesprächen mit den früheren Eigentümern bereit. Mit einigen von ihnen hätten Gespräche auch schon begonnen.
In einem ausführlichen Interview mit der Süddeutschen Zeitung präzisiert Hartung, ein Spezialist für Restitutionsfragen und Raubkunst, diese Aussagen nun. Von einem Bewusstseinswandel könne bei Gurlitt keine Rede sein. Er habe schon in früheren Fällen eine einvernehmliche Lösung mit den Alteigentümern gesucht.
Gurlitt sei auch keineswegs entmündigt. Das Münchner Amtsgericht habe ihm lediglich einen "Betreuer" zur Seite gestellt, einen Anwalt, der ihm in der überfordernden Lage helfe, in der er sich befinde. Der Betreuer vertrete ausschließlich Gurlitts Interessen.
Hartung verwahrte sich vor der seiner Ansicht nach völlig überzogenen öffentlichen Kritik an seinem Mandanten und beklagte die Verletzung von dessen Persönlichkeits- und Eigentumsrechten durch Medienberichte und die Veröffentlichung vieler der Werke aus seiner Sammlung auf lostart.de hin.
Blockadehaltung
"Da wurde eine Grenze überschritten. Wir werden dagegen vorgehen." Der noch größere Skandal liege aber im Verfahren selbst: "Eine Staatsanwaltschaft hat weder die Befugnis noch die Aufgabe, über privatrechtliche Ansprüche zu entscheiden. Sie ist auch nicht berechtigt, Provenienzforschung gegen den Willen meines Mandanten durchzuführen."
Hartung räumte ein, dass sein Mandant sich schon vor Jahrzehnten um eine Prüfung der Eigentumsverhältnisse seiner Werke hätte bemühen können. Es handele sich bei den meisten und bedeutendsten jedoch um Werke der "Entarteten Kunst", die nicht von Privatleuten stammen, sondern von Museen abgestoßen wurden.
Im übrigen habe noch vor wenigen Jahren "kein Mensch" von dem Raubkunst-Problem gesprochen. "Und viele Museen tun das bis heute nicht." Deutsche Museen seien voller Raubkunst. Während Gurlitt öffentlich verurteilt werde, würden diese sich weiterhin weigern, über Rückgaben zu sprechen. "Die deutschen Museen haben nach dem Washingtoner Abkommen ihre Hausaufgaben nicht gemacht."
Hartung, der auch Museen in Restitutionsfällen vertritt, meinte, er haben von einigen Institutionen "Mandate nicht bekommen, weil ich gesagt habe: Wir müssen gemeinsam mit den Erben der Eigentümer eine Lösung finden. Stattdessen haben sich die Museen einen Anwalt genommen der gesagt hat: Gibt ja eh keinen einklagbaren Anspruch. Wir blockieren das!"
Das ausführliche Interview mit Hannes Hartung lesen Sie im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung vom 30.01.2014.