Süddeutsche Zeitung

Graphic Novel:Genug umarmt

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Der Kindercomic "Mira und der Club der Verliebten" zeigt ein Jahr in dem Leben einer Zehnjährigen, die nicht weiß, wie das so mit dem Verlieben geht. Und die Erwachsenen sind auch nicht die richtigen Vorbilder.

Von Andrea Duphorn

Eines weiß Mira schon ganz genau: "Erwachsene sind echt peinlich." Alles andere findet sie aber gerade mehr als verwirrend: "Ich zu sein. Freundschaft, Verlieben, Miteinandergehen und all das." Während die Erwachsenen an Silvester Party machen, zieht sich die Elfjährige auf ihr Zimmer zurück und schreibt in ihr Tagebuch, was sie sich für das kommende Jahr besonders wünscht: ein cooleres Zimmer ("nicht mehr so kindisch"), ein eigenes Instagram-Profil. Und: "Verlieben wäre auch toll."

Miras Mutter ist ständig verliebt. Allein im letzten Jahr vier Mal! Mira war noch nie verliebt. Bis jetzt fand sie das auch nicht schlimm. Sie spielt lieber mit Louis im Hof Piratenschiff, albert mit ihm herum, bastelt mit ihm eine Burg oder einen Roboter aus Milchkartons. Erst seit "Beate the queen" neu in ihrer Klasse ist, ist das anders. Mit Miras allerbester Freundin Karla hat Beate, der nichts cool genug sein kann, den Club der Verliebten gegründet. "Wir treffen uns und quatschen über Jungs und so was." Mira darf nicht mitmachen, schließlich war sie noch nie verliebt.

In ihrer Graphic Novel greift das dänische Duo Sabine Lemire (Text) und Rasmus Bregnhøi (Zeichnungen) viele Themen auf, die Mädchen (und Jungen) in Miras Alter beschäftigen. Beliebt sein. Cool sein. Verliebt sein. Zum ersten Mal einen Jungen küssen. Den ersten Freund haben. Dass die Geschichte in "Mira #freunde #verliebt #einjahrmeineslebens" dennoch leicht und witzig daherkommt, verdankt das mit fein konturierendem Strich und breiter Farbpalette gezeichnete Buch vor allem der Situationskomik, mit der das dänische Duo Miras Alltag so treffend einfängt. Einfach herrlich, was für Grimassen Mira zieht, wenn ihre alleinerziehende Mutter mal wieder eine ihrer berühmt-berüchtigten Knutschattacken hat und die Tochter drückt und herzt und küsst. "Mama, also wirklich. Wieso wissen Mütter nie, wann genug umarmt ist?" Oder wie sie sich "so furchtbar kindisch" findet, weil sie ständig vergisst, "dass ich mich doch verlieben muss". Da kann Louis nur erstaunt die Augen aufreißen. Wie sie kurz darauf mit panischem Blick nach Hause läuft: "SEUFZ! Ich werde mich nie verlieben." Sie nimmt es schwer, ist verunsichert, hört in sich hinein. Ist da nicht doch so ein Kribbeln, wenn sie an Louis denkt? In den Sommerferien fasst sie sich schließlich ein Herz und schickt ihm eine Whats-app: "Willst Du mit mir gehn? Liebe Grüße, Mira. P.S: Wollen wir einen Hund aus Stahldraht bauen, wenn Du zurück bist?" Leider funktioniert das mit dem Verliebtsein nicht so, wie sie sich das gedacht hat. "Louis und ich hatten immer so viel Spaß, aber jetzt, wo wir miteinander gehen, fällt uns irgendwie nichts mehr ein."

Ein ganzes Jahr lang, von Silvester bis Silvester, begleiten wir Mira. Durchleben mit ihr Hochs und Tiefs, fühlen mit ihr, wenn Karla lieber mit Beate "cool" sein will, als mit ihr Geburtstag zu feiern. Freuen uns für sie, dass sie mit Louis vielleicht noch nicht "den Mann fürs Leben" gefunden hat, aber doch einen zuverlässigen Freund. Sind mit ihr glücklich, wenn sie in der Silvesternacht zwischen bester Freundin und bestem Freund im Bett liegt, nicht mehr ganz Kind, aber auch noch nicht Teenager, und doch irgendwie ganz Mira. Und darauf kommt es letzten Endes doch am meisten an. (ab 9 Jahren)

Sabine Lemire / Rasmus Bregnhøi : Mira #freunde #verliebt #einjahrmeineslebens. Aus dem Dänischen von Franziska Gehm. Klett Kinderbuch, Leipzig 2018. 104 Seiten, 15 Euro.

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Quelle:
SZ vom 21.12.2018
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