Süddeutsche Zeitung

Gebirge:Gemsenrutsche

Lesezeit: 2 min

Mit Dieter Braun unterwegs in den Bergen. Dabei werden vom Autor und Illustrator Fragen beantwortet, zum Beispiel wie Berge entstehen. Oder die Nachteile des Massentourismus gezeigt.

Von Jochen Temsch

Die Bildbände des Illustrators und Autors Dieter Braun können Kinder wie Erwachsene faszinieren. Das liegt zum einen an der gediegenen Ästhetik der Abbildungen. Es sind Vektorgrafiken, die Braun aus simplen Grundformen wie Linien, Kreisen und Rechtecken schichtweise am Computer komponiert. Wesen und Landschaften zeigen dadurch klare Kanten - zu zackig, um als niedlich durchzugehen, dabei aber mit Farbflächen und Schatteneffekten derart durchrhythmisiert, dass ihnen eine pulsierende Lebendigkeit innewohnt.

Auch Brauns Erzählstil spricht junge wie ältere Leser an. Braun arbeitet als freiberuflicher Illustrator für internationale Zeitungen und Magazine, zu deren Repertoire an journalistischen Darstellungsmitteln die Informationsgrafik gehört. Dabei gilt es, komplexe Zusammenhänge verständlich und bildlich ansprechend darzustellen - darin gleicht Brauns Arbeit als Kommunikationsdesigner jener als Kindersachbuchautor. Braun war so bereits mit seinen Tierbüchern erfolgreich, etwa den Bänden "Die Welt der wilden Tiere", die in elf Sprachen übersetzt wurden. Jetzt legt er mit "Die Welt der Berge" nach.

In kurzen, sachlichen Texten beantwortet er darin Fragen, die er sich, wie er im Vorwort schreibt, selbst gestellt habe, als er noch ein Kind im Flachland war: Was ist ein Berg? Wie entsteht ein Gebirge? Wer wohnt ganz oben? Vielleicht der Yeti? Seine Antwort auf Letzteres: Ja, zumindest in der Fantasie der Menschen, die die eisigen Höhen seit jeher mit Fabelwesen bevölkert. Es ist eine kindliche, staunende, neugierige Perspektive, die Braun einnimmt - ohne die Gefahren und negativen Phänomene des Alpinismus zu übersehen. Den Massentourismus am Everest zum Beispiel, der vielen Hobbykletterern den Tod bringt, weil sie ihre Fähigkeiten überschätzen. Oder den Müll, den Wanderer hinterlassen und der in der dünnen Höhenluft noch langsamer verrottet als im Tal.

Der Titel des Bandes ist wörtlich zu nehmen. Dieter Braun führt seine Leser tatsächlich um die Welt und weitet den Bergbegriff beträchtlich. Wer mit Pappbüchern über die Alpen, mit Murmeltieren und Brotzeitgeiern angefangen hat, geht hier einige Schritte weiter: durch den Himalaja, auf die Vulkane Hawaiis, Japans und Tansanias, ja sogar in die Wüsten aus Sand und Schnee bis nach Australien und in die Antarktis. Unterwegs gibt es viel Wissenswertes und Kurioses über die Berge und ihre Bewohner zu erfahren: etwa, dass das chinesische Gebirge Huang Shan Vorbild für die schwebenden Felsen im Film "Avatar" war, Gemsen auf ihrem Hinterteil Schneehänge hinabrutschen und Grottenolme 100 Jahre alt werden können. Das macht Lust hinauszugehen und die Wunder der Bergwelt selbst in Augenschein zu nehmen. (ab 8 Jahre)

Dieter Braun: Die Welt der Berge. Knesebeck Verlag, München 2018. 96 Seiten, 20 Euro.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4059016
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.07.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.