Süddeutsche Zeitung

Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Lesezeit: 2 min

Will Smith spielt den Vater von Venus und Serena Williams im Tennisdrama "King Richard". Kenneth Branagh erzählt in "Belfast" von seiner Kindheit. Die Starts der Woche in Kürze.

Von den SZ-Kritikern

Belfast

Susan Vahabzadeh: Kenneth Branagh hat in das Drehbuch zu "Belfast" seine eigenen Erinnerungen fließen lassen an jene letzten Monate im Jahr 1969, als seine Heimatstadt in den Fluten des Nordirland-Konflikts versank und seine Familie nach England zog. Eine komische, romantische, manchmal trügerische Erinnerung, so virtuos und liebevoll in Szene gesetzt und gespielt (Judi Dench ist als Großmutter dabei), dass es gleich doppelt wehtut, zuzusehen, wie das Idyll zerbricht. Dieser Film handelt davon, wie der Ausbruch eines Bürgerkriegs aus der Sicht eines Kindes aussieht - vor allem aber erzählt er von der Kunst als Zufluchtsort, der allen Stürmen widersteht.

Der Mann, der seine Haut verkaufte

Annett Scheffel: Wie weit darf die Kunst gehen? Und wie weit ein Mensch in Not? Es ist ein wahrhaft mephistophelisches Angebot, auf das sich der syrische Flüchtling Sam einlässt. Von einem Künstler lässt er sich ein Schengen-Visum auf den Rücken tätowieren, bekommt im Gegenzug ein echtes Visum, muss aber fortan die Perversionen des Kunstbetriebes ertragen. Für ihre bildgewaltige, satirische Betrachtung von Kunstmarkt und europäischer Migrationspolitik bekam die tunesische Regisseurin Kaouther Ben Hanias eine Oscar-Nominierung. Ihr Film ist ein Fest der Ambivalenz, bitterböse Überspitzung und eskalierende Metaphern, und er entwickelt gerade deswegen einen einzigartigen Sog.

El Fulgor

Doris Kuhn: Gauchos duschen, verkleiden sich, tanzen ekstatisch im Karnevalszug. Verträumt besichtigt die Kamera ihre Körper in Schwarz-Weiß, aber regelmäßig kehrt sie in die Farbe zurück und zeigt Sequenzen aus dem Arbeitsalltag der Männer. Auch der ist dem Fleisch gewidmet. Es wird in der Pampa geschossen, zerhackt, über Zäunen getrocknet. Martin Farina verzichtet in dieser argentinischen Mischung aus Experiment und Dokument komplett auf Dialog, es spricht genug Begehren aus seinen Bildern.

King Richard

Milan Pavlovic: Wie Venus und Serena Williams zu Champions wurden, die das Tennis auf den Kopf stellten, ist keine Cinderella-Geschichte, sondern der Lohn harter Arbeit und Sturheit. Richard Williams (Will Smith), der dickschädelige Vater der beiden, schuftete hart, um die Töchter im weißen Sport zu etablieren. Das Ergebnis ist bekannt - Regisseur Reinaldo Marcus Green und Autor Zach Baylin beleuchten deshalb lieber den steinigen Weg zum Profileben, lange vor dem ersten Grand-Slam-Triumph.

SAF

Lisa Oppermann: Es ist nie still in diesem Teil von Istanbul. Immer dröhnen die Bagger und die Erinnerung an das drohende Unheil: Ein Baugigant zwingt die Menschen aus ihren Häusern. Auch Kamil könnte sein Zuhause verlieren, und doch nimmt er einen Job bei dem Bauunternehmen an. Er schaufelt sich immer tiefer in einen Sumpf aus Verzweiflung und Verbrechen. In sanft-schmerzhafter Dringlichkeit erzählt die deutsch-türkische Produktion des Regisseurs Ali Vatansever von der Frage, an der bereits die Hauptfiguren des Oscar-Hits "Parasite" zerbrochen sind: Ist es ein Privileg der Reichen, ein guter Mensch zu sein?

Studio 666

Jakob Biazza: Dave Grohl hat eine Schreibblockade. Beruhigend, dass das den Besten passiert. Damit sein zehntes Album trotzdem fertig wird, schickt das Management ihn und die Foo Fighters in ein abgelegenes Haus. Sehr bald ist dort der erste Techniker frittiert, und ab da entwickelt sich eine Art Spinal-Tap-Gone-Splattermovie-Groteske - inszeniert von dumm und dümmer aka BJ McDonnel. Seltsamerweise nicht ganz so bescheuert, wie es sein könnte. Aber dafür sehr viel brutaler.

Trübe Wolken

Sofia Glasl: Steine fallen von Autobahnbrücken, ein Junge verschwindet, und trotzdem herrscht eine merkwürdige Ruhe im Provinznest. In dieser Tristesse schleicht der 17-jährige Paul beinahe unsichtbar durch das Leben anderer Menschen, stöbert in deren Sachen, als ob er sich damit eine eigene Persönlichkeit aneignen könnte. Für andere wird er zum Spiegel, erscheint immer so, wie es von ihm erwartet wird. Jonas Holdenrieder spielt ihn mit beklemmender Präzision auf dem schmalen Grat zwischen angepasstem Jedermann und gespenstischem Niemand, und so schwebt auch Christian Schäfers selbstsicheres Kinodebüt zwischen Coming-of-Age-Drama und schillerndem Psychothriller.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5534903
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.