Süddeutsche Zeitung

Filmfestival:Teenager in Cannes: elegant, aber nicht eingeladen

Es ist gar nicht so einfach, ein Ticket für eine Filmvorführung beim Festival zu bekommen. Also heißt es aufbrezeln - und warten.

Von Carolin Gasteiger

Cannes bedeutet Glamour, Eleganz und Prominenz. Also putzen sich auch diejenigen heraus, die nicht geladen sind, aber hinein wollen.

So auch diese Herren im schicken Zwirn. Die jungen Leute, die Jennifer Loeber fotografiert hat, sehen nicht nur schick aus, sie tun vor allem eines: warten.

Und zwar auf eines der raren Tickets für eine Filmpremiere. Helfen sollen nicht nur schicke Klamotten, sondern auch ihre selbst gebastelten Schilder, auf denen manchmal nur ein höfliches "S'il vous plaît" steht.

Manche verschönern ihre Schilder mit Herzchen, andere zitieren Shakespeare. "Mein Eindruck war, dass sie sich mehr davon versprechen, wenn sie die Schilder selbst gestalten", erzählt Jennifer Loeber.

Zwei Wochen lang hat die Fotografin aus New York die jungen Leute in Cannes begleitet, mit ihnen gewartet und ihre Ausdauer in Bildern festgehalten. Auf die Idee kam Loeber über ihren Mann, einen Filmkritiker, der ihr von den Teenagern vor dem Théâtre Lumière erzählte.

Tatsächlich warten die jungen Leute nicht vor dem Festivalgelände, um einen Blick auf die Stars und deren Roben zu werfen. Nein, sie wollen Filme sehen. Und nehmen dafür stundenlange Wartezeiten in Kauf.

Die Fotografin beschäftigt sich mit Identitätsfragen und Selbstdarstellung im Wandel der Zeit. "Diese Jugendlichen stellen eine Mischung aus antrainierter Angeberei und Verletzlichkeit dar", sagt sie. Im schicken Tuxedo oder ...

... mädchenhaften Ballkleidern imitieren sie ihr künftiges, erwachsenes Selbst. "Aber wann haben Erwachsene schon so viel Zeit, für ein Kinoticket zu warten", fragt Loeber. Diese Momente blieben im Leben der jungen Leute unvergessen. Deshalb heißt das Fotoprojekt "Pleasures of the Uninvited", "Freuden der nicht Eingeladenen".

Sie kommen aus allen Ecken der Welt - dieses Mädchen etwa aus Mexiko -, um in Cannes nicht nur George Clooney oder Kirsten Stewart, sondern einen Film sehen zu dürfen. Und wenn es sein muss, bitten sie auch zweisprachig um Einladung.

Manchmal reicht auch ein simples "Macbeth".

Für Journalisten und Mitarbeiter aus der Filmbranche, die jedes Jahr nach Cannes kommen, gehören die Teenies zum gewohnten Anblick an der Croisette. Und ihre Ausdauer scheint sich zu lohnen. Wie Loeber in Cannes beobachtete, wurden viele der Teenies am Ende zu den Filmvorführungen eingelassen.

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