Süddeutsche Zeitung

Douglas-Sirk-Preis:Danke, Rainer

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Wim Wenders erhält den Douglas-Sirk-Preis, der im Rahmen des Filmfests Hamburg verliehen wurde.

Von Willi Winkler

Der Kultursenator legte sich mächtig ins Zeug. Beim Preisträger musste er an Proust denken, tauchte also wieder einmal die Madeleine in den Tee und kam dann auf die Erinnerungen, die Wim Wenders in seinen Filmen aufbewahre. Auch das gute Hamburg tauche bei ihm auf, diese Szenen im "Amerikanischen Freund". Vierzig Jahre ist der Film jetzt alt, und die Stadt wirke darin so leer im Vergleich zu heute. Was Carsten Brosda in seiner Laudatio nicht erwähnte, waren die Graffiti, die der "Amerikanische Freund" aus dem Hamburger Hafen zitiert: "BRD=Polizeistaat" steht da und überdeutlich "Mord an Holger Meins", auch das eine aufgehobene Erinnerung. Holger Meins, 1975 im Hungerstreik gestorben, war nicht immer RAF, sondern davor Filmstudent und Beleuchter bei einem frühen Wenders-Film. "Bei den Drehortbesichtigungen hatte ich diese Inschrift entdeckt", hat Wenders einmal erzählt. "Ich habe täglich nachgesehen und gehofft, dass sie noch da war." So kam sie in den Film und in die weite Welt.

Wim Wenders blieb Hamburg als Professor an der Kunsthochschule verbunden. Jetzt hat man ihn dafür und überhaupt für sein Werk mit dem Douglas-Sirk-Preis geehrt, der jedes Jahr beim Hamburger Filmfest verliehen wird. Wenders trat in einer Art Yamamoto'schem Gehrock ans Mikrofon, um sich zu bedanken. Längst hat er alle denkbaren Bären, Löwen, Rehe und Pierrots erhalten. Den Douglas-Sirk-Preis bräuchte er gar nicht mehr, aber wenn es den Hamburgern Freude macht, warum nicht? Doch da ist noch etwas. Da war ein Freund, sagt Wenders schließlich, der habe Sierck nicht bloß verehrt, sondern richtig geliebt. Ihm, dem toten Freund, der vielleicht noch viele große Filme hätte machen können, wolle er den eben empfangenen Preis widmen. Und der weltberühmte Wenders sagt ihn wendersmäßig ganz leise, den Namen des unvollendeten Freundes: Rainer Werner Fassbinder, gestorben 1982.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2017
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