Deutscher Alltag: Es gibt nur cool und uncool und wie man sich fühlt

Italienische Carabinieri sind so cool, wenn man ihnen die Sonnenbrille wegnimmt, sterben sie innerhalb einer Dreiviertelstunde. Und wir kriegen Christian Wulff zum Bundespräsidenten.

Obwohl demnächst Christian Wulff Bundespräsident werden soll, rückt der Sommer näher. Die Fußball-WM hat begonnen, man kann wieder draußen sitzen, und wenn es Gott, dem Herrn nicht im letzten Moment gefallen sollte, am 30.Juni einen Donnerkeil auf den Reichstag zu werfen, stehen vielleicht sogar ein paar friedliche Wochen bevor. Da ist es wieder einmal an der Zeit, über Italien, das Sommerland par excellence, und die Italiener zu reden.

Neulich war in Sansepolcro, einem Ort am Ostende der Toskana, der Marktplatz mit alten und nicht so alten MG-Cabrios vollgestellt. In ganz Europa gibt es jede Menge Menschen, meist solche jenseits der 50, denen es Freude macht, mit einem Auto herumzufahren, das noch älter ist, als sie selbst es sind. Das hat damit zu tun, dass man sich als älterer Mensch tendenziell viele Dinge leisten kann, die man als jüngerer Mensch gerne gehabt hätte, sie aber mangels Geld oder Persönlichkeit nicht bekam. Dies erklärt, warum so viele ältere Männer riesige Modelleisenbahnen besitzen, mit 30 Jahre jüngeren Frauen in den Urlaub fahren oder eben ein MG-Cabrio haben.

Sansepolcro also war Durchgangsstation einer MG-Club-Italienfahrt. Die alten Autos mit den reifen Fahrern wurden natürlich von einer Polizeieskorte begleitet. Leider war es nur die Staatspolzei, nicht die Carabinieri. Letztere gehören zur italienischen Armee, tragen die elegantesten Uniformen der Welt und sehen meistens wie eine Mischung aus Eros Ramazzotti und George Clooney aus. Wenn man einem Carabiniere die Sonnenbrille wegnimmt, stirbt er innerhalb einer Dreiviertelstunde.

Die Polizia di Stato ist nicht ganz so elegant und kann ohne Sonnenbrille immerhin einen Tag überleben. Aber das Polizia-Auto, das vor einem halben Dutzend Motorrädern die MG-Karawane in Sansepolcro anführte, war ein Lamborghini. Ein Lamborghini Gallardo, 560 PS, etwa 325 km/h Spitze, rund 200000 Euro. Wahnsinn. Der Staat ist halb pleite, er wird von einem testosterongesteuerten Medientycoon regiert, für zwei Liegestühle und einen Sonnenschirm zahlt man 25 Euro am Tag - aber die Polizei fährt Lamborghini.

Und genau so muss es in Italien sein. Die beiden Polizisten im Lamborghini hätten gut und gerne Halbbrüder von George Clooney sein können, vielleicht sogar Carabinieri. Herrlich unrasiert, aber nicht hulverscheidtisch dreitagegebartet, sondern in einer Art männlich, dass man nahezu über seine sexuelle Orientierung nachdenken könnte, hätte man denn noch eine. Als die Karawane startete, röhrte der Gallardo-Motor undezent. Und wir kriegen Christian Wulff als Bundespräsident.