Süddeutsche Zeitung

Comic:Crumb vs. Trump

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Von Christoph Haas

Er war einer der ersten Selbstentblößer in der Geschichte der Comics, und bis heute ist er vor allem dafür berühmt, ungehemmt von sich zu sprechen. Sarkastisch und selbstironisch setzt der 1943 in Philadelphia geborene Robert Crumb gerne seine Ängste und Neurosen, seine sexuellen Fantasien und Obsessionen in Szene. Von der Hippie-Ära und deren Aufbrüchen geprägt, hat er immer wieder aber auch aus subkultureller Perspektive zur politischen, sozialen und kulturellen Lage in den USA Stellung genommen.

Nachlesen lässt sich dies jetzt in einem prächtigen Band, der den lakonischen Titel "Amerika" trägt (Reprodukt-Verlag, 96 Seiten, 29 Euro). In diesen, wie stets bei Crumb, kurzen Storys, die zwischen 1969 und 1993 entstanden sind, wird munter ausgeteilt. In "Wenn die Nigger an die Macht kommen" und "Wenn die verfluchten Juden an die Macht kommen" karikiert der Zeichner in krasser Weise rassistische Stereotypen und Vorurteile - amerikanische Neonazis sollen dumm genug gewesen sein, ihn daraufhin als einen der ihren zu begreifen. Es geht auch keineswegs nur gegen das Establishment: "Frosty der Schneemann und seine Freunde" verspottet die militant-revolutionäre Szene der Siebziger; "Jumpin' Jack Flash" ist ein bitterböser Kommentar zum mörderischen Sektenwahn der Charles Manson Family.

Sensationell aus heutiger Sicht ist ein Sechsseiter aus dem Jahr 1989. Unterstützt von zwei attraktiven Assistentinnen, zerrt Crumb den damals als Immobilienspekulant berüchtigten Donald Trump vor ein privates Femegericht, ist dann dessen maßloser Chuzpe aber völlig unterlegen: Schmeicheleien und Drohungen, dann die Einladung zu einem Dinner mit anschließendem Jachtausflug mit "wohlhabenden jungen Männern, die alle noch zu haben sind", lassen die jungen Frauen schließlich Arm in Arm mit "Donald" abziehen. Nur in einem zweiten, alternativen Handlungsverlauf landet der Großkotz zur Strafe mit dem Kopf im Klo. Crumb und Trump, das reimt sich. Aber ein Sieg über den Mann mit den komischen Haaren? Ein Comic-Traum - was sonst.

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Quelle:
SZ vom 23.02.2019
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