Süddeutsche Zeitung

Nach Rückenmarkserkrankung:Historiker Tony Judt ist tot

Er war seit Jahren schwer krank, doch er veröffentlichte weiter brilliante Aufsätze. Jetzt ist der britische Historiker Tony Judt im Alter von 62 Jahren gestorben. Er erlag seiner Rückenmarkserkrankung.

Der britische Historiker Tony Judt ist im Alter von 62 Jahren gestorben. Er erlag am Freitag einer Rückenmarkserkrankung, wie ein Sprecher der Universität New York am Samstag mitteilte. Dort hatte Judt zuletzt gelehrt.

Schwerpunkt seiner Arbeit waren zunächst Marxismus und Sozialismus in Europa. Große Anerkennung erfuhr aber vor allem Judts 2005 veröffentlichtes Werk zur europäischen Nachkriegsgeschichte, "Postwar". Auf Deutsch erschien es unter dem Titel "Geschichte Europas von 1945 bis zur Gegenwart".

Judt wuchs in einer säkularen jüdischen Familie auf. Als Jugendlicher arbeitete er in einem israelischen Kibbutz. Später geriet er wegen seiner kritischen Haltung zu Israels Politik in Streit mit anderen Intellektuellen. Unter anderem forderte er vehement einen binationalen Staat, in dem Palästinenser und Israelis gemeinsam leben sollten.

Judt litt seit zwei Jahren an Amyotropher Lateralsklerose, bekannt auch als Lou-Gehrig-Krankheit. Es handelt sich um eine neurologische Krankheit, die eine Degeneration von Nervenzellen im Rückenmark bewirkt und dadurch Lähmungen hervorruft. Judt musste deswegen mit einer Maschine beatmet werden. Er bezeichnete selbst sich wegen seiner Lähmungen als "moderne Mumie". Trotz seiner Krankheit veröffentlichte Judt auch in diesem Jahr noch Aufsätze.

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apn/jab
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